Hilferuf aus Caracas

Zum Abschluss einer Reise durch mehrere Staaten Lateinamerikas hat US-Außenminister Michael Pompeo am Sonntag (Ortszeit) zusammen mit Kolumbiens Staatschef Iván Duque die Grenze zu Venezuela besucht. »Herr Maduro, öffnen Sie diese Brücke, öffnen Sie diese Grenze«, forderte er in Cúcuta pathetisch. Unweit der seit Ende Februar geschlossenen Übergänge lagern nach Angaben der Deutschen Presseagentur »viele Tonnen Hilfsgüter für die notleidende venezolanische Bevölkerung«. Bislang weigere sich Venezuelas Präsident Nicolás Maduro allerdings, die Lieferungen ins Land zu lassen, so die Agentur weiter. Tatsächlich aber weigern sich Kolumbien und die USA, die Waren wie üblich an der Grenze durch die venezolanischen Behörden kontrollieren zu lassen. »Kolumbien und die Vereinigten Staaten wollen eine bessere Zukunft für die Venezolaner«, behauptete Pompeo statt dessen. »Wir stehen an eurer Seite, um die Diktatur zu Fall zu bringen.«

Die von Washington und Bogotá betriebene Politik verschärft die Lage in dem südamerikanischen Land weiter. In einer am Montag in Caracas veröffentlichten offiziellen Erklärung bat Venezuelas Regierung angesichts der Folgen der von den USA verhängten Sanktionen nun die »internationale Gemeinschaft« um Hilfe. In dem Statement warnt das Außenministerium, dass die Blockade von Finanzmitteln des staatlichen Erdölkonzerns PDVSA durch Washington das Leben von mindestens 25 an Leukämie erkrankten Patienten gefährde. Die meisten von ihnen seien Kinder, betonte Außenminister Jorge Arreaza.

Seit sich die Regierung des damaligen Präsidenten Hugo Chávez im Jahr 2003 die Kontrolle über den lange wie ein gewöhnliches Privatunternehmen betriebenen Erdölkonzern erkämpft hatte, floss ein Großteil der Einnahmen aus den Ölexporten direkt in diverse Sozialprogramme, vor allem in die Verbesserung der Gesundheitsversorgung. So gingen nach einem entsprechenden Abkommen Tausende kubanische Ärztinnen und Ärzte vor allem in die Armenviertel der Städte und in abgelegenen Dörfer, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

Im Jahr 2006 unterzeichneten Venezuela und Italien während eines Besuchs von Chávez in Rom ein Abkommen über die Behandlung von krebskranken Kindern in dem südeuropäischen Land. Federführend bei der Umsetzung war eine 1999 gegründete Stiftung in Maracaibo, FTMO, finanziert wurde das Projekt aus Einnahmen von der PDVSA und deren US-amerikanischem Tochterunternehmen Citgo. Bisher.

Wie das oppositionelle venezolanische Internetportal Contrapunto in der vergangenen Woche berichtete, waren im Dezember 2018 im Kinderkrankenhaus »José Manuel de los Ríos« in Caracas bereits 30 Patienten ausgewählt worden, um in Italien eine Knochenmarktransplantation zu erhalten. Die Spender hätten bereitgestanden. Jedoch wurden die Flüge abgesagt, bevor die kleinen Patienten transportiert werden konnten. Die vorgesehenen Mittel seien durch die USA blockiert worden, habe man den Eltern mitgeteilt, so Contrapunto.

In der vergangenen Woche erklärten mehrere Mütter bei einer Pressekonferenz der oppositionellen Nichtregierungsorganisation »Prepara Familia«, dass ihnen anschließend angeboten worden sei, ihre Kinder in die USA zu bringen. Aufgrund der Finanzblockade habe das jedoch ebenfalls nicht stattgefunden. Dann sei die Rede von Kuba gewesen, aber auch das sei noch nicht erfolgt.

Ohne direkt auf die Aussagen der Eltern Bezug zu nehmen, erklärte Venezuelas Regierung in der offiziellen Stellungnahme, man setze die Bemühungen fort, um die für die medizinische Behandlung im Ausland notwendigen Mittel verfügbar zu machen. Das sei »bislang allerdings ohne Erfolg« geblieben. Deshalb hoffe man, »dass die internationale Gemeinschaft entsprechend der Charta der Vereinten Nationen handelt, um die Grausamkeit der imperialistischen und unmenschlichen Entscheidungen der Regierung von Donald Trump zu neutralisieren«. Die von den USA verhängten Sanktionen seien »verbrecherisch« und eine Verletzung der Menschenrechte der kleinen Patienten.

Erschienen am 17. April 2019 in der Tageszeitung junge Welt