»Yankees raus!«

Ecuadors Präsident Rafael Correa will weniger US-Militärs in seinem Land haben. Bei einer Pressekonferenz beschwerte er sich am Mittwoch in Quito über die hohe Zahl von Angehörigen der nordamerikanischen Streitkräfte, die sich als Militärattachés der US-Botschaft in Ecuador aufhalten, und forderte deren sofortigen Abzug. »Es sind rund 50 Leute, wer kann so etwas rechtfertigen?« fragte Correa gegenüber Korrespondenten, die er in seinen Regierungssitz, den Palacio de Carondelet, eingeladen hatte. Die »ungewöhnliche Präsenz« ausländischer Uniformierter sei ein Zeichen fehlenden Respekts von Washington gegenüber Ecuador, kritisierte Correa. »Leider haben diese Leute alle Bereiche unterwandert, und am skandalösesten ist, daß ihnen dies völlig normal vorkam.« Die nordamerikanischen Offiziere hätten Flugzeuge des ecuadorianischen Militärs benutzt und zusammen mit ecuadorianischen Soldaten die Grenzregion zu den Nachbarländern inspiziert. Das habe man im vergangenen August festgestellt, als ein Armeehubschrauber während einer Operation gegen kolumbianische Drogenbanden angegriffen wurde. Ohne diesen Vorfall hätte man die Präsenz der US-Militärs im Land und ihre Beteiligung an Operationen der ecuadorianischen Armee nie mitbekommen, so Correa.

 

Die US-Botschaft in Quito macht allerdings kein Geheimnis aus dem Umfang ihrer Militärabteilung. 43 ständige zivile und uniformierte Angehörige seien Teil der »Militärischen Gruppe der Vereinigten Staaten« (­USMILGRP), die 1974 eingerichtet worden sei und die Aufgabe habe, »den ecuadorianischen Streitkräften Beratung und Unterstützung für die Ausbildung und Ausrüstung« zu leisten. »Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten und Ecuadors pflegen eine gesunde und kooperative Beziehung, die bis in die Epoche des Zweiten Weltkriegs zurückreicht«, heißt es stolz auf der Internetseite der diplomatischen Vertretung.

Nicht erwähnt wird allerdings, wie die »kooperative Beziehung« in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder zum Sturz gewählter Regierungen in Ecuador geführt hat. So berichtete der CIA-Aussteiger Philip Agee schon 1975 in seinem Tagebuch »Inside the Company« darüber, wie er selbst ab Ende 1960 als Agent des Geheimdienstes an der Destabilisierung der Regierung und nach dem Putsch vom Juli 1963 an der Unterstützung des neuen Regimes beteiligt war: »Bis zur formellen Anerkennung der Junta durch die USA werden noch einige Tage vergehen. Wir haben jedoch bereits damit begonnen, Daten von der Liste der Subversiven an Major Pacifico de los Reyes hier in Quito und an Obersto Lugo in Guayaquil weiterzugeben, die sie mit ihren Kollegen vom Militär bei den Verhaftungsaktionen verwenden.« Auch als 1974 die USMILGRP eingerichtet wurde, beherrschten Generäle Ecuador. Guillermo Rodríguez Lara hatte sich 1972 an die Macht geputscht und kontrollierte das Land bis 1976, als er von einer »Oberster Regierungsrat« genannten Militärjunta abgelöst wurde. Davon habe man in Washington eher gewußt als der gestürzte Divisionsgeneral, berichtete im vergangenen Mai die Tageszeitung El Telégrafo unter Berufung auf Dokumente der Enthüllungsplattform Wikileaks.

Im Gegensatz zu den Zeiten der Diktaturen sind die Beziehungen zwischen Quito und Washington seit dem Regierungsantritt von Präsident Rafael Correa Anfang 2007 angespannt. Schon unmittelbar nach seiner Wahl hatte er angekündigt, den 1999 abgeschlossenen Zehn-Jahres-Vertrag über die Präsenz der US-Luftwaffe in Manta nicht zu verlängern. Die 2008 in Kraft getretene neue Verfassung verbietet generell die Stationierung ausländischer Truppen in Ecuador, und so mußten die US-Militärs bis September 2009 den Stützpunkt verlassen.

Am Mittwoch kritisierte Correa nun die »täppische« Politik der USA in Lateinamerika. Er selbst empfinde sich nicht als ein Feind der Vereinigten Staaten: »Ich gehöre einer modernen Linken an, und persönlich liebe ich die USA sehr. Ich besitze zwei akademische Abschlüsse nordamerikanischer Universitäten. Aber das bedeutet nicht, daß wir etwas nicht anprangern würden, was angeprangert werden muß.« Dazu gehörten die Drohungen der USA, Quito Zollerleichterungen zu streichen, wenn das Land dem NSA-Aussteiger Edward Snowden Asyl gewähren würde. Correa hatte darauf im vergangenen Juni seinerseits mit der Kündigung des entsprechenden Abkommens mit Washington reagiert. »Was die NSA macht, ist schrecklich«, kritisierte Correa bei der Pressekonferenz den US-Geheimdienst.

Erschienen am 24. Januar 2014 in der Tageszeitung junge Welt