Opposition hofft auf Trump

Das Südkommando der US-Streitkräfte bereitet sich offenbar auf eine Intervention in Venezuela vor. Sein Kommandeur, Admiral Kurt W. Tidd, erklärte am Donnerstag (Ortszeit) in einem Bericht vor dem Streitkräftekomitee des Senats: »Die zunehmende humanitäre Krise in Venezuela könnte möglicherweise eine regionale Antwort erzwingen«.

Das entspreche »genau dem von den regionalen Sprachrohren und Ausführern des Interventionsplans gegen Venezuela immer wiederholten Drehbuch«, reagierten darauf am Freitag Venezuelas Außen- und Verteidigungsministerium in einer gemeinsamen Erklärung, in der sie vor einer »schweren Gefährdung des Friedens« warnten. Die USA wollten ihre »Gier nach unseren Rohstoffen« befriedigen.

Geht es nach den Regierungsgegnern in Venezuela, sollte US-Präsident Donald Trump den Befehl zu Bombenangriffen auf das südamerikanische Land möglichst bald geben. Am Samstag (Ortszeit) behauptete der Oppositionspolitiker David Smolansky über Twitter: »Nicolás Maduro beginnt, chemische Waffen einzusetzen, wie es in Syrien passiert.« Smolansky ist Bürgermeister von El Hatillo, einem vor allem von der Oberschicht bewohnten Vorort der Hauptstadt Caracas. Vor allem aber ist er Vizechef der Rechtspartei Voluntad Popular (VP, Volkswille), der auch der inhaftierte Politiker Leopoldo López angehört. Bei den »chemischen Waffen«, über die sich Smolansky empört, handelt es sich um das Tränengas, das Polizei und Nationalgarde gegen Demonstranten einsetzen.

Wie schon in den Tagen zuvor hatten sich am Samstag Angehörige von Oppositionsgruppen im Osten der Hauptstadt versammelt, um gegen die Regierung von Präsident Maduro zu demonstrieren. Mehrere tausend Menschen – AFP sprach von 4.000, dpa von 50.000 Teilnehmern – wollten sich mit dem Gouverneur des Bundesstaates Miranda, Henrique Capriles Radonski, solidarisieren. Dem war von der Contraloría, dem Rechnungshof Venezuelas, für 15 Jahre die Übernahme öffentlicher Ämter untersagt worden, sobald er aus seiner gegenwärtigen Funktion ausscheidet. Zur Last gelegt wurde Capriles, dass er dem Regionalparlament von Miranda 2013 keinen Haushaltsentwurf vorgelegt habe. Zudem habe er als Gouverneur ohne vorherige Genehmigung der Zentralregierung Abkommen mit Polen und Großbritannien abgeschlossen. Noch keine Rolle spielte bei dem Beschluss des Rechnungshofes die im Februar bekanntgewordene Verwicklung Capriles‘ in einen Korruptionsskandal um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht, der gegenwärtig ganz Südamerika erschüttert. Capriles war zweimal erfolglos als Kandidat der Opposition bei den Präsidentschaftswahlen angetreten – 2012 gegen Hugo Chávez und nach dessen Tod 2013 gegen Nicolás Maduro.

Über Twitter kommentierte der Gouverneur und Exkandidat die Anordnung des Rechnungshofes am Samstag mit den Worten »Wer zuletzt lacht, lacht am besten! Wir sehen uns auf den Straßen Venezuelas!« Der Nachrichtenagentur AFP zufolge forderte Capriles seine demonstrierenden Anhänger am Samstag auf, die angemeldete Route im Osten der Metropole zu verlassen und in das Stadtzentrum zu marschieren. Dort hatten sich jedoch erneut Tausende Unterstützer der Regierung versammelt, um gegen das Vorgehen der Rechten zu protestieren. Polizei und Nationalgarde versperrten den Oppositionellen deshalb den Weg, um ein direktes Aufeinandertreffen der beiden Gruppen zu verhindern. Vermummte Demonstranten bewarfen daraufhin die Sicherheitskräfte mit Steinen. Das staatliche Fernsehen VTV zeigte Aufnahmen von Militanten, die gewaltsam in ein Bürogebäude des Obersten Gerichtshofs eindrangen, es verwüsteten und in Brand setzten. Auch ein Kamerateam des Senders wurde mehrfach attackiert.

Die regierende Vereinte Sozialistische Partei Venezuelas (PSUV) wertet die Kampagne der Rechten als Element eines Putschversuchs. »Als dessen Bestandteil greift die extremistische Opposition zu gefährlichen Gewaltaktionen an verschiedenen Punkten des Landes, um eine direkte Militärintervention gegen Venezuela zu provozieren«, heißt es in einer Erklärung der internationalen Abteilung der PSUV. »Das Hauptziel all dieser Manöver des Imperiums und der Rechten ist es, das Land zu verleumden und die von der Mehrheit des venezolanischen Volkes rechtmäßig gewählte Regierung des Präsidenten Nicolás Maduro zu stürzen.«

Erschienen am 10. April 2017 in der Tageszeitung junge Welt und am 11. April 2017 in der Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek