Wahlen in Katalonien: Demokratie statt Rajoy

Das Ergebnis der Wahlen in Katalonien ist ein Sieg für die Demokratie. Im Mittelpunkt der Abstimmung, die von der spanischen Zentralregierung erzwungen worden war, stand diesmal nicht in erster Linie die Frage einer Unabhängigkeit des Landes von Spanien. Wichtiger war einer klaren Mehrheit der Wählerinnen und Wähler, der antikatalanischen Politik Madrids eine Absage zu erteilen. Es war ein Votum gegen die Aufhebung der Autonomie, gegen die Absetzung der 2015 gewählten Regierung, gegen die Zwangsverwaltung der Region durch spanische Minister und vor allem ein Votum für die Freilassung der politischen Gefangenen. Der bisherige Vizeregierungschef Oriol Junqueras sitzt ebenso wie weitere Politiker im Gefängnis, Ministerpräsident Carles Puigdemont mit einigen seiner Minister im belgischen Exil. Nun sind sie erneut gewählte Abgeordnete und wahrscheinlich bald wieder Regierungsmitglieder.

Die Katalanen haben manifestiert, dass sie selbst entscheiden wollen, welchen Weg ihr Land gehen soll. Das eint nicht nur die Befürworter der Unabhängigkeit, sondern auch viele ihrer Gegner. Das zeigt die Stimmenmehrheit der antimonarchistischen Kräfte ebenso wie die dramatische Wahlniederlage der Partei von Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy.

Das Resultat in Katalonien ist so auch eine Antwort auf das immer absurdere Vorgehen der spanischen Behörden. Im Wahlkampf entfesselten sie eine regelrechte Jagd auf die Farbe Gelb, weil gelbe Schleifen das Symbol der Solidarität mit den Inhaftierten sind. Am Wahltag wurde dann bekannt, dass die paramilitärische Polizeitruppe Guardia Civil die jährlichen Großdemonstrationen zum katalanischen Nationalfeiertag am 11. September als »Akt der Rebellion« einstuft und unter anderem den Sänger Lluis Llach und den früheren Bayern-Trainer Pep Guardiola belangen will. Und am Freitag kündigte ein Richter an, gegen noch mehr Politiker der Unabhängigkeitsbewegung Verfahren eröffnen zu wollen.

Nach einem Neuanfang klingt das nicht, und auch Rajoy machte am Freitag bei einer Pressekonferenz in Madrid deutlich, dass er von seinem Kurs nicht abweichen will. Ein Gesprächsangebot, das ihm Puigdemont am selben Tag unterbreitete, bügelte der Regierungschef ab. Seine Ansprechpartnerin sei die »Wahlsiegerin« Inés Arrimadas. Diese zeigte sich am Freitag optimistisch, doch noch eine Mehrheit im Parlament erreichen zu können. An was sie dabei gedacht haben könnte: Die Parteien der Unabhängigkeitsbewegung verfügen über eine Mehrheit von drei Sitzen über der absoluten Mehrheit. Drei Abgeordnete sitzen jedoch im Gefängnis, weiteren droht die Verhaftung, wenn sie aus dem Exil nach Katalonien zurückkehren. So könnte Spaniens Justiz das Wahlergebnis umdrehen. Demokratisch wäre das nicht.

Erschienen am 23. Dezember 2017 in der Tageszeitung junge Welt