Staatskrise des Tages: Spanisches Pokalfinale

Als hätte er geahnt, was das diesjährige spanische Fußball-Pokalfinale auslösen würde, hat Miguel de Cervantes einst seinen Don Quijote sagen lassen: »Der Irrsinn hat sicherlich mehr Gefährten und Schmarotzer als die Klugheit.« Denn wie es das Schicksal will – oder besser: weil Real Madrid es versemmelt hat – stehen sich am Freitag im Endspiel zur Copa del Rey, dem Königspokal, ausgerechnet der FC Barcelona und Athletic Bilbao gegenüber – die inoffizielle Nationalmannschaft Kataloniens gegen die Vertreter des Baskenlandes. Und das in Madrid, wo ein solches Spiel natürlich mit der Nationalhymne des Königreichs eröffnet werden muß.

 

Zum Mitsingen kann die Spieler und Zuschauer niemand verdonnern, denn trotz mehrfacher Versuche hat das Lied bis heute keinen Text. Sorgen macht gewissen Herrschaften aber, daß die sicherlich vor allem aus Katalonien und dem Baskenland anreisenden Zuschauer nicht gerade in Ehrfurcht erstarren werden, wenn die Hymne der spanischen Monarchie gespielt wird. Esperanza Aguirre, die nicht nur Grande und Gräfin, sondern auch Präsidentin der autonomen Region Madrid ist und natürlich der postfranquistischen Regierungspartei PP angehört, forderte bereits, das Spiel schon vor dem Anpfiff abzubrechen, falls während der Musik gepfiffen oder gebuht wird.

»Die Beleidigung der Hymne, der Fahne oder des Chefs des Staates sind im Strafgesetzbuch als Vergehen festgehalten und dürfen nicht hingenommen werden. Dies ist die Meisterschaft Spaniens, und wenn nötig, müßte die Partie abgebrochen und anderswo hinter verschlossenen Türen ausgetragen werden«, schrieb Aguirre am späten Dienstag abend im Internetdienst Twitter – und schrieb damit fast wortwörtlich aus einem im Internet verbreiteten Demonstrationsaufruf der altfaschistischen Falange Española ab, die gemeinsam mit anderen Nazis am Freitag »für die Einheit Spaniens« aufmarschieren will.

Wie schrieb doch Cervantes: »An einem kleinen Muster können wir oft das ganze Stück beurteilen.«

Erschienen leicht gekürzt am 24. Mai 2012 in der Tageszeitung junge Welt