junge Welt, 22. März 2014

Putschisten als Partner

junge Welt, 22. März 2014EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und der ukrainische Regimechef Arseni Jazenjuk haben am Freitag den politischen Teil des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Ukraine unterschrieben. »Das ist ein Zeichen unserer Solidarität mit dem Volk der Ukraine, unserer Unterstützung für seine Hoffnungen und für seinen Durst nach Veränderungen«, erklärte Van Rompuy anschließend in Brüssel. Er vertraue darauf, daß Jazenjuk mit seiner Regierung auf dem Weg »ökonomischer und demokratischer Reformen« weitergehe. In dem Papier verpflichtet sich die Ukraine unter anderem zur Respektierung der Menschenrechte. Trotzdem verzichtete der ebenfalls nicht gewählte Ratspräsident auf jeden Hinweis darauf, daß sein Vertragspartner Jazenjuk durch einen verfassungswidrigen Regierungswechsel an die Macht gekommen und bis heute nicht durch Wahlen legitimiert ist. Auch die Präsenz von Faschisten in dessen Kabinett war Van Rompuy keine Erwähnung wert, ebenso wenig wie die anhaltenden Übergriffe auf Journalisten und Gegner des neuen Regimes in der Ukraine.

 

Noch vor wenigen Wochen hatte die EU auf die Bremse getreten. Die Gespräche über das Abkommen sollten nicht mit der aktuellen »Übergangsregierung«, sondern erst mit einer neu gewählten und von der Bevölkerung legitimierten Führung aufgenommen werden, zitierte die Nachrichtenagentur AFP am 24. Februar einen Sprecher der EU-Kommission. Im November 2013 hatte die damalige ukrainische Regierung die Verhandlungen um das Assoziierungsabkommen gestoppt, weil dieses nach Ansicht von Staatschef Wiktor Janukowitsch für das Land wirtschaftliche Nachteile bedeutet hätte. Die Opposition nahm das zum Anlaß für ihren wochenlangen Protest auf dem Maidan in Kiew, der schließlich zum gewaltsamen Sturz des gewählten Präsidenten führte und auch Vertreter der faschistischen »Swoboda«-Partei in die Regierung brachte.

In Moskau ist unterdessen am Freitag die Ratifizierung des Beitritts der Krim und der Stadt Sewastopol zur Russischen Föderation abgeschlossen worden. Die mehrheitlich von russischstämmigen Bürgern bewohnte Region hatte dies nach dem Putsch in Kiew und dem Beginn antirussischer Übergriffe beschlossen. Am Freitag morgen ratifizierte nun der Föderationsrat einstimmig den am Montag unterzeichneten Vertrag über die Aufnahme des Gebiets. Anschließend unterschrieb Präsident Wladimir Putin das entsprechende Gesetz. Rußland hat somit nun 85 statt 83 »Föderationssubjekte«.

Für die als Reaktion darauf von der EU und den USA verabschiedeten Strafmaßnahmen hat Putin öffentlich nur ein müdes Lächeln übrig. Er habe bislang kein Konto bei der Bank Rossija gehabt, die auf der Sanktionsliste der USA steht, sagte er am Freitag, »aber ich werde am Montag eines eröffnen«. Er wolle sein Gehalt dorthin überweisen lassen.

Weniger humorvoll reagierte das Außenministerium in Moskau auf die Sanktionen und kündigte an, diese mit gleicher Münze heimzuzahlen. »Wir bleiben natürlich nichts schuldig und antworten mit aller Härte«, kündigte der Nachrichtenagentur RIA Nowosti zufolge Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch an. Wie die Agentur dpa meldete, hat Rußland aus den USA unter anderem den republikanischen Senator John McCain und den Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, John Boehner, auf die eigene Sanktionsliste gesetzt.

Erschienen am 22. März 2014 in der Tageszeitung junge Welt