Kämpfe um Flughafen

Im Irak sind die Kämpfer des »Islamischen Staats im Irak und in der Levante« (ISIL bzw. ISIS) sowie andere Aufständische am Montag weiter auf Bagdad vorgerückt. Me­dienberichten zufolge gab es Kämpfe in der Umgebung des internationalen Flughafens der Hauptstadt. Sprecher von Stammesmilizen erklärten, der Sturm auf die Metropole habe begonnen. Die ISIL stelle dabei jedoch nur »geringe fünf bis sieben Prozent« der gegen das Regime kämpfenden Kräfte, sagte ein Vertreter im Fernsehsender Al-Arabiya.

 

Im Nordwesten des Landes besetzte ISIL nach heftigen Kämpfen die Stadt Tal Afar zwischen der syrischen Grenze und Mossul. In dieser seit der vergangenen Woche von den Islamisten kontrollierten Millionenmetropole haben diese einem Bericht des irakischen Onlineportals Almada Press zufolge 1700 Studenten einer Luftwaffenhochschule ermordet. Fotos von dem Massaker wurden im Internet verbreitet. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht.

Trotz der erneuten Rückschläge gab sich Maliki siegessicher. In einem Militärstützpunkt in Bagdad lehnte er die Verhängung des Ausnahmezustands erneut ab. »Die schwarze Intrige, die in Mossul geplant wurde, wird nur durch den Tod der Verschwörer beseitigt«, erklärte er einem Bericht des irakischen Staatsfernsehens Al-Iraqia zufolge. »Wir wissen nun, in welchen Staaten diese Intrige geplant wurde und welche Verschwörer unter den Politikern und Offizieren daran beteiligt waren. Der Irak muß von diesen Verbrechern gesäubert werden.« Teherans englischsprachiger Fernsehsender Press TV zitierte Maliki zudem mit den Worten, Saudi-Arabien und Katar seien für »die Sicherheitskrise« verantwortlich. Speziell das saudische Königshaus sei einer der wichtigsten Unterstützer des globalen Terrorismus.

Der von Dubai aus sendende Fernsehsender Al-Arabiya, der Angehörigen der saudischen Monarchie gehört, zeigt demgegenüber auf die türkische Regierung. Unter der Überschrift »ISIS: Ankaras verzogenes Kind?« macht der Kolumnist Mahir Zeynalov auf der englischsprachigen Homepage des Senders den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan als Urheber aus. Die türkischen Behörden hätten Waffenlieferungen an alle Gruppierungen geduldet, die in Syrien gegen die Regierung des dortigen Staatschefs Baschar Al-Assad kämpften, und geglaubt, diese stellten keine Bedrohung für die Türkei dar.

Noch nach dem Anschlag von Reyhanli im Mai 2013 habe sich Ankara nicht beeilt, gegen ISIL und die Al-Nusra-Front vorzugehen, kritisierte Zeynalov. Tatsächlich hatte Erdogan für das Attentat, bei dem offiziellen Angaben zufolge mehr als 50 Menschen getötet worden waren, die Regierung in Damaskus verantwortlich gemacht. Hinweise deuteten jedoch schon früh darauf hin, daß die Täter aus den Kreisen der syrischen Aufständischen stammten. Anfang Oktober 2013 bekannte sich dann ISIL zu dem Verbrechen. Deren Unterstützung durch Saudi-Arabien erwähnt Zeynalov allerdings nicht.

Vor dem Hintergrund solcher internationaler Konstellationen ist ein gemeinsames Vorgehen Washingtons und Teherans im Irak, über das in westlichen Medien spekuliert wird, eher unwahrscheinlich. Die Sprecherin des iranischen Außenministeriums, Marzieh Afkham, wies derartige Gerüchte am Montag erneut zurück. Der Iran könne nicht mit den USA als Verursachern der Unsicherheit im Irak kooperieren.

Erschienen am 17. Juni 2014 in der Tageszeitung junge Welt