Eklat in Medellín

Ein offener Streit über Venezuela hat am Donnerstag (Ortszeit) den Auftakt der 49. Generalversammlung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) im kolumbianischen Medellín überschattet. Die Delegation Uruguays verließ die Tagung, weil mit Billigung von OAS-Generalsekretär Luis Almagro Vertreter der venezolanischen Opposition erschienen waren, um als offizielle Delegation ihres Landes an der Tagung teilzunehmen.

Venezuela hatte 2017 den Austritt aus der Organisation erklärt. In Kraft trat dieser Schritt nach Ablauf einer in den Statuten der OAS festgelegten Frist von zwei Jahren am 27. April. »Deshalb ist Uruguay der Meinung, dass der Anwesenheit einer Delegation, die angeblich die Regierung eines Landes repräsentiert, das sich aus der Organisation zurückgezogen hat – und die von der Hälfte der Mitglieder der OAS nicht anerkannt wird – jede Legitimität fehlt«, heißt es dazu in einem offiziellen Statement des Außenministeriums in Montevideo. Die Anerkennung einer solchen Delegation durch den Generalsekretär verletze die rechtlichen Normen der Organisation und stelle zudem einen für die Zukunft der OAS gefährlichen Präzedenzfall dar.

Auch Boliviens Präsident Evo Morales kritisierte die Haltung Almagros. Venezuela gehöre der Organisation nicht mehr an, deshalb könne es auch nicht mehr zentrales Thema der Beratungen sein. »Diese Organisation sollte sich auf dringende Themen konzentrieren, die regional von großem Interesse sind, wie die schwere Krise um die Migranten, die nach Norden gelangen wollen und auf dem Weg sterben«, schrieb Morales auf Twitter. Tatsächlich sind nach Informationen der Nachrichtenagentur AP nur Beratungen über die Migranten aus Venezuela vorgesehen – die aus Honduras, El Salvador und anderen Ländern Zentralamerikas flüchtenden Menschen interessieren die auch als »US-Kolonialministerium« bezeichnete Organisation nicht.

Mexikos Delegation beantragte offiziell die Aufnahme einer Fußnote in alle Dokumente der Tagung. Nach dieser behält sich das Land angesichts der »Unstimmigkeiten und Unregelmäßigkeiten« bei der Zulassung der Delegationen vor, die Gültigkeit aller Beschlüsse und Protokolle in Frage zu stellen, die aus dieser Tagung, dem Ständigen Rat der OAS oder deren Unterorganisationen hervorgehen. Auch Nicaragua und Bolivien gaben ähnliche Erklärungen ab, und die Vertretungen von Grenada, Antigua und Barbuda, St. Vincent und die Grenadinen, Surinam, Dominica sowie Trinidad und Tobago protestierten ebenfalls gegen die Präsenz der venezolanischen Putschisten. Venezuelas Außenminister Jorge Arreaza kommentierte auf Twitter, dass sich die OAS »strikt an die von Washington auferlegte Agenda« halte. »Die Probleme, die für die Völker Unseres Amerikas am drängendsten sind, werden nicht diskutiert«. Der Rückzug Venezuelas aus dieser Organisation sei gerade zum richtigen Zeitpunkt gekommen.

Unterdessen sind in Venezuela Medienberichten zufolge 13 Personen im Zusammenhang mit einem von den Sicherheitsbehörden vereitelten Putschversuch festgenommen worden. Wie Informationsminister Jorge Rodríguez am Donnerstag (Ortszeit) mitteilte, befindet sich unter den Inhaftierten der Brigadegeneral Miguel Sisco Mora, der Befehlshaber der Putschisten gewesen sein soll. Rodríguez hatte am Mittwoch über die Aufdeckung eines Komplotts informiert, das die Ermordung von Staatschef Nicolás Maduro und die Besetzung des Luftwaffenstützpunktes »La Carlota« in Caracas als Ziel gehabt habe. Generalstaatsanwalt Tarek William Saab hat in diesem Zusammenhang Verfahren gegen 14 Verdächtige eingeleitet, wie er ebenfalls am Donnerstag mitteilte.

Erschienen am 29. Juni 2019 in der Tageszeitung junge Welt