Abgeordneter ermordet

In Venezuela sind ein Parlamentsabgeordneter der Regierungspartei und seine Frau brutal ermordet worden. Robert Serra von der Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) und seine Lebensgefährtin wurden am Mittwoch tot in ihrem Haus in der Hauptstadt Caracas aufgefunden, wie das Innenminsterium gegenüber dem staatlichen Fernsehsender VTV mitteilte. Nach Angaben der Tageszeitung Últimas Noticias wies der Körper des Abgeordneten Spuren von Folter auf. Innenminister Miguel Rodríguez Torres forderte die PSUV-Anhänger auf, Ruhe zu bewahren.

 

Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro drückte über den Kurznachrichtendienst Twitter sein Beileid zum Tod von Serra aus. »Wir werden deinem Beispiel auf dem Weg der Revolution folgen, die du leidenschaftlich verteidigt hast«, schrieb er. Die Unterstützer des Bolivarischen Prozesses wollen ab dem heutigen Samstag eine Großkundgebung auf der Avenida Bolívar und anderen Plätzen im Zentrum von Caracas abhalten, um an den letzten großen Auftritt von Hugo Chávez vor zwei Jahren zu erinnern. Das hatte Maduro am Montag in einer Fernsehansprache angekündigt, nun wird es auch eine Demonstration der Trauer um Serra werden.

Am 4. Oktober 2012 hatte der damalige venezolanische Staatschef vor Hunderttausenden seinen Wahlkampf für die drei Tage später stattfindende Präsidentschaftswahl abgeschlossen. Die Abstimmung gewann er deutlich mit gut 55 Prozent vor seinem fast zehn Punkte zurückliegenden Kontrahenten Henrique Capriles Radonski. Allerdings war, was damals nur wenige ahnten, die in strömendem Regen stattfindende Demonstration einer der letzten öffentlichen Auftritte des »Comandante«. Nach seinem Wahlsieg am 7. Oktober ließ er sich noch von Zehntausenden auf dem Balkon des Präsidentenpalastes Miraflores feiern, doch dann verschwand er für Wochen fast völlig aus der Öffentlichkeit. Am 8. Dezember wandte er sich dann in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung und teilte mit, daß er sich in Kuba erneut einer Krebsoperation unterziehen müsse. Erstmals sprach er dabei öffentlich von der Möglichkeit, nicht in das höchste Staatsamt zurückkehren zu können. Dann sollten die Venezolaner den gerade zum Vizepräsidenten ernannten langjährigen Außenminister Nicolás Maduro zu seinem Nachfolger wählen, bat er. Am 5. März 2013 starb Hugo Chávez in einem Krankenhaus in Caracas, gut einen Monat später wurde Maduro zum neuen Präsidenten gewählt.

Nun will Maduro den Jahrestag der letzten Großkundgebung mit Chávez groß begehen. Bei einer »Exporevolución« werde das Zentrum der Millionenmetropole zu einer Bühne, auf der die Errungenschaften des von Chávez ab 1999 geführten revolutionären Prozesses in Venezuela präsentiert werden. Die sozialen »Missionen« und staatlichen Einrichtungen sollen ihre Erfolge vorstellen. Die Feiern sollen sich zudem auf weitere Plätze im Stadtzentrum ausdehnen, die von der Regierung »zurückerobert« wurden.

Obwohl es dem Präsidenten in den vergangenen Monaten gelungen ist, seine Führungsrolle an der Spitze des venezolanischen Staates zu stabilisieren, teilen nicht alle seine Unterstützer den zur Schau getragenen Optimismus. So forderte der Parlamentsabgeordnete Claudio Farías von der PSUV im Gespräch mit dem Fernsehsender Globovisión die Exekutive auf, die Besetzung öffentlicher Ämter auf allen Ebenen zu überprüfen. Unterhalb des Ministerkabinetts seien sich viele Funktionäre und Beamten »nicht über ihre Aufgaben im Klaren«, einige seien regelrecht »infiltrierte« Oppositionelle.

Erschienen am 4. Oktober 2014 in der Tageszeitung junge Welt