junge Welt, 31. August 2013

Krieger brauchen Kontra. Weltweit

junge Welt, 31. August 2013Weltweit nehmen die Proteste gegen den drohenden Angriff der USA und ihrer Verbündeten auf Syrien zu. Ermutigt durch die Entscheidung des britischen Unterhauses, das am späten Donnerstag abend eine Kriegsbeteiligung des Vereinigten Königreichs abgelehnt hatte, ruft die »Stop the War Coalition« für Samstag zu einer Großdemonstration in London auf. »Wir konnten den Krieg im Irak nicht stoppen, aber wir haben in Britannien eine massenhafte Antikriegsstimmung geschaffen. Diese Welle der Antikriegsstimmung ist in den vergangenen Tagen spürbar gewesen«, heißt es in einer Erklärung des Friedensbündnisses. »Die Parlamentsmitglieder haben endlich die Mehrheitsmeinung in diesem Land wiedergegeben.« Nun müsse es darum gehen, auch die USA zu einem Verzicht auf die geplante Aggression zu zwingen. Dafür will auch in Deutschland die Friedensbewegung in Dutzenden Städten auf die Straße gehen.

 

Washington will sich bislang jedoch nicht vom Kriegskurs abbringen lassen. Dabei stößt die US-Administration jedoch nicht nur auf die Ablehnung einer Mehrheit der eigenen Bürger. Auch viele Abgeordnete und Senatoren hätten sich auf einer von Obama einberufenen Telefonkonferenz skeptisch geäußert, berichtete die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf US-Medien. So hätten zahlreiche Parlamentarier das Fehlen handfester Beweise dafür bemängelt, daß tatsächlich die syrische Regierung für den mutmaßlichen Giftgaseinsatz verantwortlich gewesen sei. Als Reaktion darauf kündigte ein Regierungssprecher am Freitag morgen (Ortszeit) an, man werde noch am selben Tag Geheimdienstberichte veröffentlichen, die Damaskus beschuldigen. Demgegenüber hatte sogar der britische Regierungschef David Cameron während der Parlamentsdebatte in London einräumen müssen: »Wir haben keine Beweise, daß die Opposition keine C-Waffen hat und daß das Regime diese eingesetzt hat.«

In Berlin warnte die Diakonie Katastrophenhilfe am Freitag vor einem militärischen Eingreifen des Westens. Ein solches könne »Racheakte in den angrenzenden Staaten zur Folge haben und genau die Regionen destabilisieren, in denen wir viele Flüchtlinge versorgen«, warnte ihr Leiter Martin Keßler.

Unerwartete Unterstützung hat die syrische Armee offenbar aus Venezuela erhalten. Der sozialistische Parlamentsabgeordnete Adel el Zabayar, der selbst aus Syrien stammt, habe sich den Regierungstruppen angeschlossen, meldeten Medien des süd­amerikanischen Landes am Freitag. Er sei bereits vor zwei Wochen in das arabische Land gereist, um seine dort lebende Mutter zu besuchen. »Als er sah, wie die Situation in Syrien ist, entschloß er sich, dort zu bleiben«, berichtete in Caracas seine Assistentin Doris Bautista.

Erschienen am 31. August 2013 in der Tageszeitung junge Welt