Hacker des Tages: China

Es ist schon nervig, wenn man nicht einschlafen kann. Man wälzt sich im Bett herum, kommt nicht zur Ruhe und fängt an, auch noch über den größten Unsinn nachzugrübeln. Es gibt viele Mittelchen, wie man dann doch noch ins Land der Träume hinübergleiten kann: warme Milch, Tabletten, Schäfchen zählen, Whiskey. Doch für jemanden, der sich für den mächtigsten Mann der Welt hält, ist das wohl nicht gut genug. Wenn US-Präsident Donald Trump nicht einschlafen kann, macht er das, was er am besten kann. Er twittert. Kurz nach Mitternacht haute er am Mittwoch eine Kurznachricht zu dem Thema raus, das ihm offenbar keine Ruhe gelassen hat: »Hillary Clintons E-Mails, von denen viele Geheiminformationen sind, wurden von China gehackt.«

Die einzige bekannte Quelle dafür, dass Beijing hinter der Hackerattacke gesteckt haben soll, ist ein obskures rechtes Internetportal. Aber was soll’s – Es steht im Netz, also wird es schon stimmen. Und wenn nicht, dann sind das noch lange keine Lügen, sondern alternative Fakten.

Die Veröffentlichung des Mailverkehrs der demokratischen Präsidentschaftskandidatin durch Wikileaks im letzten Wahlkampf 2016 war einer der großen Aufreger der Kampagne. In den Mainstreammedien wird meist Russland verdächtigt, hinter dem für Clinton peinlichen Leak gestanden zu haben. Aber das passt Trump nicht so richtig in den Kram, denn mit dem Herrn Putin aus Moskau kann man sich doch ganz nett unterhalten. Dann doch lieber die Chinesen. Die machen ja auch beim Handel nicht das, was Onkel Donald von ihnen will. Die sind ganz böse! Also twittern wir sie mal in Grund und Boden. Nicht, dass noch jemand Trump unterstellt, nach der Pfeife von Xi Jinping zu tanzen.

Erschienen am 30. August 2018 in der Tageszeitung junge Welt