Westen blockiert Frieden

Moskau setzt sich weiter für eine politische Lösung des Konflikts in Syrien ein. Nachdem der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag die Bildung einer internationalen Allianz zur Bekämpfung der Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) gefordert hatte, kündigte Vizeaußenminister Gennadi Gatilow am Mittwoch eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats auf Ministerebene für den 30. September an. Russland leitet in diesem Monat das Gremium, und »es gibt neue Initiativen, die mit unserem Vorsitz in Verbindung stehen«, erklärte Gatilow.

Gegen die Ausweitung des Krieges positionierten sich am vergangenen Wochenende in Damaskus auch Vertreter von 250 Gewerkschaftsdelegationen vor allem aus der arabischen Welt, aber auch von anderen Kontinenten. Anlass war eine vom Weltgewerkschaftsbund organisierte internationale Konferenz zur »Solidarität mit den Arbeitern und dem Volk Syriens gegen Terrorismus, Blockaden und Wirtschaftssanktionen«. Der Generalsekretär der internationalen Dachorganisation, George Mavrikos, verlangte in seiner Ansprache eine Beendigung der ausländischen Einmischung in Syrien und die Aufhebung der gegen die Arabische Republik verhängten Strafmaßnahmen. Er solidarisierte sich mit den Flüchtlingen und Migranten, die auf der Suche nach einer besseren Zukunft nach Europa kommen »und von den Regierungen als moderne Sklaven behandelt werden«.

Die westlichen Hauptstädte senden derweil widersprüchliche Signale aus. so forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch einer Meldung der Deutschen Presseagentur zufolge in einem Telefongespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eine Intensivierung der Bemühungen um eine politische Lösung des Konflikts in Syrien. Washington dagegen lehnte den russischen Vorschlag bereits ab, weil dieser nicht den Rücktritt des syrischen Staatschefs Baschar Al-Assad zur Voraussetzung mache. Assad könne niemals ein »glaubwürdiges Mitglied« der Koalition zur Bekämpfung der IS-Milizen sein, sagte US-Außenminister John Kerry per Telefon in der Nacht zum Mittwoch seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. Moskaus Unterstützung für Damaskus berge das Risiko, »den Konflikt zu verschärfen und auszuweiten«. Es könne keine Lösung ohne einen »politischen Übergang weg von Assad« geben.

Der syrische Präsident seinerseits warf am Mittwoch in einem Interview mit russischen Journalisten den USA, Frankreich und anderen westlichen Ländern vor, keine »unabhängigen Staaten« zu akzeptieren. Nicht nur seine Regierung, sondern auch die Spitzen Russlands und des Irans sollten nach deren Willen gestürzt werden. Erdogan warf er vor, durch die Unterstützung der Terrorbanden ein »Sultanat der Muslimbruderschaft« unter seiner Führung schaffen zu wollen, das Syrien, Ägypten und den Irak umfassen solle. Assad selbst zeigte sich dagegen bereit, auch gemeinsam mit jenen Kräften die Terroristen zu bekämpfen, die sich bewaffnet gegen seine Regierung erhoben hätten. Erst nach einem Sieg über IS, Al-Nusra und ähnliche Gruppen könne man über Verfassungsänderungen und politische Reformen sprechen.

Neben Washington setzen jedoch auch London und Paris auf eine weitere Verschärfung der Lage. Frankreichs Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian kündigte am Mittwoch völkerrechtswidrige Luftangriffe auf Stellungen der IS-Milizen in Syrien für die »kommenden Wochen« an.

Erschienen am 17. September 2015 in der Tageszeitung junge Welt