»G2« gegen die Krise

»Während die G20 und die G8 die wirkliche Stimme des Südens nicht hören wollen, treffen die G2 (Iran und Venezuela) Entscheidungen, die wirklich Auswirkungen auf die Realität haben«, sagte Venezuelas Präsident Hugo Chávez am Donnerstag in Teheran gegenüber dem staatlichen Fernsehen seines Landes.

Chávez hatte am Dienstag in Katar am zweiten südamerikanisch-arabischen Gipfeltreffen teilgenommen und war dann zu einem offiziellen Besuch in den Iran weitergereist. Dabei handele es sich um eine »strategische Reise gegen die Krise«, betonte Chávez und wies darauf hin, daß der weitere Ausbau der Beziehungen mit dem Iran sich vor allem auf die Bereiche Landwirtschaft, Bergbau und Erdölförderung erstrecke. Beide Länder haben zudem ein gemeinsames Finanzinstitut gegründet, das mit zunächst je 100 Millionen Dollar von beiden Seiten ausgestattet wurde und noch am Freitag seine Arbeit aufnehmen sollte.

Der venezolanische Präsident nutzte die Gelegenheit, um auch die Resultate des zeitgleich veranstalteten G-20-Gipfels in London zu kritisieren. Die Ergebnisse dieses Treffens seien noch schlechter, als er erwartet habe. Anstatt mit dem Internationalen Währungsfonds einen der Hauptverantwortlichen für die Krise mit weiteren Milliardensummen zu stärken, müsse der IWF beseitigt werden. Für den Kapitalismus könne es keine Rettung geben. Er müsse zusammenbrechen und beseitigt werden, um den Weg zu einem neuen Modell zu öffnen, »das wir Sozialismus nennen«. Dem »Gott Markt« müsse die Macht genommen und den politischen Entscheidungen der Völker gegeben werden: »eine demokratische Wirtschaft, die – wie Marx sagte – in den Händen der vereinten Produzenten, der Arbeiterklasse und der mit ihr zusammenarbeitenden Regierungen liegt.«

Im Gepäck hatte Chávez außerdem eine personelle Überraschung. Der frühere Generalsekretär der Kommunistischen Jugend Venezuelas (JCV), David Velásquez, wird neuer Botschafter in Teheran. Mit gerade einmal 30 Jahren dürfte Velásquez, der mittlerweile der Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) angehört, der jüngste venezolanische Botschafter weltweit und einer der jüngsten Botschafter überhaupt sein. In Deutschland wurde Velásquez als Vorsitzender des Internationalen Vorbereitungskomitees für die Weltfestspiele der Jugend und Studenten 2005 in Venezuela bekannt.

Zeitgleich nahm Venezuelas Vizepräsident Ramón Carrizalez in Caracas die Beglaubigungsschreiben von zwölf neuen Botschaftern entgegen. Dabei betonte er, die Regierung verfolge eine internationale Politik, deren Ziel es sei, die Zahl der Länder weiter zu erhöhen, mit denen Venezuela Beziehungen unterhalte. Für die Sicherheit und das Leben auf dem Planeten sei es notwendig, eine multipolare Weltordnung zu schaffen, in der sich die Beziehungen zwischen den Staaten auf Solidarität, Gleichberechtigung und gegenseitigen Respekt gründen. Die neuen Botschafter hätten nun die Möglichkeit, aus erster Hand die Realitäten einer Revolution zu erleben, in der absoluter Respekt für die Menschenrechte und eine totale Pressefreiheit herrschen.Carrizalez bestätigte auch, daß Chávez anschließend nach Japan und nach China weiterreisen werde.

Erschienen am 4. April 2009 in der Tageszeitung junge Welt