Regime will Eskalation

Der Krieg des Kiewer Regimes gegen die ostukrainische Bevölkerung hat am Montag bis zu 20 weitere Menschenleben gefordert. Das berichteten Angehörige der Widerstandsbewegung in Slowjansk gegenüber russischen Medien. Die ukrainische Nachrichtenagentur Interfax meldete unter Berufung auf das Kiewer Innenministerium, bei Kämpfen in der Umgebung der Stadt seien mindestens vier Angehörige der Regierungstruppen getötet und 30 verletzt worden. Auch unter der Zivilbevölkerung soll es wieder Tote gegeben haben. So berichtete der Moskauer Fernsehsender RT, eine Frau sei auf dem Balkon ihres Wohnhauses von einer verirrten Kugel getroffen und getötet worden.

 

Unterdessen reden Kiewer Politiker eine weitere Eskalation der Lage herbei. »Präsident« Olexander Turtschinow warnte am Montag im Fernsehsender Kanal 5 vor »Unruhen und Provokationen« am 9. Mai, dem Jahrestag des Sieges über die Hitlerfaschisten. »Gegen uns wird ein Krieg geführt, und wir müssen darauf vorbereitet sein, diese Aggression zurückzuschlagen«, sagte der im Zuge des Staatsstreichs Ende Februar an die Macht gekommene De-facto-Staatschef.

Schon in der vergangenen Woche hatte er in ähnlicher Weise vor bevorstehenden »Provokationen« unter anderem in Odessa gewarnt. Am Freitag setzten dort dann Hooligans und Neofaschisten des »Rechten Sektors« mit Molotowcocktails das Gewerkschaftshaus in Brand, in das sich Aktivisten der föderalistischen Bewegung geflüchtet hatten. Offiziellen Angaben zufolge wurden bei dem Massaker 46 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt. 170 Personen wurden im Zuge der Auseinandersetzungen verhaftet. Bei diesen soll es sich zumeist um Gegner der Putschregierung in Kiew gehandelt haben. Am Sonntag mußte die Polizei von Odessa 67 der Inhaftierten freilassen, nachdem sich rund 1500 Menschen vor dem Hauptquartier der Sicherheitskräfte versammelt hatten.

»Pro-ukrainische Demonstranten« hätten das Gewerkschaftshaus von Odessa in der Nacht zum Montag wieder in ihre Hände gebracht, berichtete derweil die »tagesschau«. Das Gebäude sei »Schauplatz der Tragödie« vom 2. Mai gewesen. Nun hätten Demonstranten »die Flagge der pro-russischen Okkupanten« wieder entfernt. Die Kamera schwenkt auf vermummte, mit Helmen und Schilden ausgerüstete Nationalisten unter ukrainischen Fahnen.

Solche »Berichterstattung« hat nun auch den Bundesausschuß Friedensratschlag bewogen, zu Aktivitäten gegen den Bürgerkrieg in der Ukraine aufzurufen. »Es ist für uns unerträglich, mitansehen zu müssen, wie in diesen Tagen antirussische Stimmung in unserem Land gemacht wird«, heißt es in einem am Montag verbreiteten Appell. »Der Respekt gegenüber den Opfern des Zweiten Weltkrieges und des danach geltenden Grundsatzes ›Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg‹ erfordert die Zurückweisung einer Propaganda, die an alte ›Vorbilder‹ anknüpft.« Mit Mahnwachen soll am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Faschismus, gegen die westliche Einmischung protestiert werden: »Es waren die EU und die NATO, die mit ihrer Osterweiterung und Einkreisungspolitik Rußlands Sicherheitsinteressen angegriffen haben. Und es war der Sturz der Regierung in Kiew, in dessen Gefolge eine von Rechtsradikalen und neofaschistischen Kräften beeinflußte, extrem antirussische ›Übergangsregierung‹ die Macht ergriff.« Bereits am Sonntag demonstrierten in Berlin rund 800 Menschen gegen den ukrainischen Bürgerkrieg.

Erschienen am 6. Mai 2014 in der Tageszeitung junge Welt