Hilfe für Kinder von Gaza

Noch im Laufe dieses Wochenendes oder wenige Tage später sollen die ersten palästinensischen Kinder in Venezuela eintreffen, um dort betreut zu werden. Das kündigte Außenminister Elías Jaua, der in Kairo die Hilfe des südamerikanischen Landes für die Palästinenser koordiniert, am Donnerstag (Ortszeit) gegenüber dem venezolanischen Rundfunksender Unión Radio an. Das genaue Datum der Ankunft der Kinder hänge aber von den dafür notwendigen Protokollen ab, die über das UN-Kinderhilfswerk UNICEF vereinbart werden müssen, betonte Jaua. Die internationalen Bestimmungen für den Umgang mit Kindern, die in Kriegen ihre Eltern verloren haben, seien sehr streng.

 

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hatte vor einigen Tagen angekündigt, durch die israelischen Angriffe auf Gaza verletzte oder zu Waisen gewordene Kinder nach Venezuela zu bringen und dort in Heimen zu versorgen, die das Land zusammen mit anderen Mitgliedern der Bolivarischen Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA) errichtet hat. Parallel dazu soll Anfang der Woche ein Flugzeug der venezolanischen Luftwaffe 16 Tonnen Medikamente und andere Hilfsgüter für die Palästinenser nach Ägypten bringen. Sechs Tonnen davon seien innerhalb einer Woche von der venezolanischen Bevölkerung gesammelt worden, während die übrigen Hilfsgüter von der Regierung zur Verfügung gestellt würden, so Jaua bei einer Pressekonferenz in Kairo. Die dafür benötigten Genehmigungen der ägyptischen Regierung lägen vor.

Zuvor hatte er in einem Krankenhaus in Kairo palästinensische Kinder besucht, die dort behandelt werden. Dabei habe ihn ein kleiner Junge ganz traurig angeguckt, berichtete er später. Doch als er ihm gesagt habe, daß er aus Venezuela komme, habe sich das kleine Gesicht aufgehellt. »Ich weiß, wer Chávez ist«, erzählte der Kleine stolz, so Jaua.

Länderübergreifend ist in Lateinamerika die Empörung über das israelische Vorgehen im Gazastreifen groß. Chile, Peru, Brasilien und andere Länder haben als Reaktion ihre Botschafter aus Israel »zu Konsultationen« zurückgerufen. Doch Venezuela, das die diplomatischen Beziehungen zu Tel Aviv schon vor Jahren abgebrochen hat, gehört in der Region zu den wichtigsten Unterstützern der Palästinenser. Der Staat Palästina ist in Caracas mit einer Botschafterin vertreten, während die Bolivarische Republik ihrerseits eine Vertretung in Ramallah unterhält. Erst im Mai war der palästinensische Präsident Mahmud Abbas von Maduro in Caracas zu einem offiziellen Staatsbesuch empfangen worden. Dabei hatten die beiden Repräsentanten ein Abkommen über Erdöllieferungen Venezuelas nach Palästina unterzeichnet. Noch in diesem Jahr sollen die ersten 240000 Barrel Erdöl aus Venezuela ankommen, im kommenden Jahr sollen es sogar eine Million sein. Unbeantwortet blieb bislang allerdings die Frage, ob der Brennstoff angesichts der israelischen Blockade der palästinensischen Gebiete seine Empfänger tatsächlich erreichen kann. Für die oppositionelle venezolanische Tageszeitung El Universal war die Vereinbarung deshalb schon im Mai »der letzte Witz«.

Ähnlich antworteten die Regierungsgegner auch auf die jüngsten Solidaritätsaktionen. Es falle auf, mit welcher Schnelligkeit das Kabinett auf Notstände im Ausland reagiere, »während Millionen Landsleute ständig unter fehlenden Medikamenten, medizinischer Ausrüstung, dem Zusammenbruch von Krankenhäusern, der dramatischen Unsicherheit und der überbordenden Inflation leiden«, hieß es in einer Erklärung des Oppositionsbündnisses MUD. Führende Vertreter der Regierung zeigten sich darüber empört. Die MUD habe »absolut nichts über Palästina« gesagt, entrüstete sich Parlamentspräsident und PSUV-Vizechef Diosdado Cabello. Außenminister Jaua erklärte, die Opposition wolle auf diese Weise offenkundig die Unterstützung zurückzahlen, die sie aus Israel erhalte.

Erschienen am 9. August 2014 in der Tageszeitung junge Welt