Asyl für Edward Snowden!

Die Bundesregierung soll dem Aufdecker der massenhaften Bespitzelung von Telefongesprächen und der Internetkommunikation von Millionen Menschen durch die US-Geheimdienste politisches Asyl gewähren. Das fordert die Linksfraktion im Bundestag. »Edward Snowden hat dem Kampf gegen eine schrankenlose staatliche Überwachung einen großen Dienst erwiesen. Geheime Überwachungsprogramme zu verraten ist kein Verbrechen, wenn sie weltweit Demokratie und Freiheit gefährden«, erklärte Jan Korte vom Linke-Fraktionsvorstand am Montag in einer Pressemitteilung.

 

Snowden hatte am Sonntag selbst seine Identität offengelegt, nachdem er sich offenbar schon vor drei Wochen dem Zugriff der US-Behörden durch Flucht aus Hawaii nach Hongkong entzogen hatte. Der britische Guardian, der in der vergangenen Woche als erstes Blatt über die Enthüllungen des 29jährigen berichtet hatte, stellte seinen Informanten nun – ausdrücklich auf dessen eigenen Wunsch – als früheren Techniker des US-Geheimdienstes CIA vor, der inzwischen für Booz Allen Hamilton arbeitet, dem neben Halliburton führenden Militärdienstleister in den USA. In den vergangenen vier Jahren habe er im Auftrag des Unternehmens für die NSA gearbeitet, den größten militärischen Nachrichtendienst ­Washingtons.

Auf der Grundlage der von Snowden veröffentlichten Geheimdokumente hatten der Guardian und kurz darauf die Washington Post berichtet, daß die US-Nachrichtendienste Millionen Telefongespräche innerhalb der Vereinigten Staaten und mit dem Ausland erfassen und zudem über »Hintertüren« für die Server der großen Internetkonzerne wie Google, Microsoft, Apple und Facebook verfügen. »Es ist davon auszugehen, daß auch Daten von Bundesbürgern milliardenfach an die US-Geheimdienste weitergegeben wurden und werden«, kritisiert Korte. Die Linke fordert von der Bundesregierung Aufklärung sowie »eine Garantie, daß der BND nicht in diese oder andere, bislang noch nicht enthüllte Überwachungsmaßnahmen involviert ist«.

Snowden bestritt gegenüber dem Guardian, daß Geld ein Grund für seinen Geheimnisverrat gewesen sei. »Mein einziges Motiv ist, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, was in ihrem Namen, aber gegen sie unternommen wird«, erklärte er. Dafür habe er ein sehr bequemes Leben mit einem Gehalt von rund 200000 US-Dollar und einem schönen Haus auf Hawaii, das er mit seiner Freundin bewohnte, aufgegeben.

Im Gespräch mit dem US-Fernsehsender ABC beklagte der für den Guardian tätige Journalist Gleen Greenwald am Sonntag (Ortszeit), daß die US-Stellen versucht hätten, die Veröffentlichung durch Einschüchterung der Journalisten und ihrer Quellen zu verhindern. »Immer, wenn eine Zeitung etwas erwähnt, was die Regierung verschweigen will, tut sie dasselbe: Sie greift die Medien an«, so Greenwald. Die Taktik sei, die Medien und ihre Informanten zu dämonisieren und als Verräter zu brandmarken.

In der vergangenen Woche ist in den USA der Prozeß gegen den mutmaßlichen Wikileaks-Informanten Bradley Manning eröffnet worden. Am 19. Juni wird zudem der Gründer der Enthüllungsplattform, Julian Assange, auf den Tag genau seit einem Jahr in der ecuadorianischen Botschaft in London ausharren. Das südamerikanische Land hat ihm Asyl gewährt, um ihn vor einer Auslieferung in die USA zu schützen, doch die britische Regierung verweigert ihm nach wie vor freies Geleit.

Erschienen am 11. Juni 2013 in der Tageszeitung junge Welt