In die Offensive

Venezuelas Regierung geht in die Offensive. Wie Staatschef Nicolás Maduro am Sonntag (Ortszeit) informierte, ist es den Sicherheitskräften des Landes gelungen, zwei paramilitärische Banden zu zerschlagen, die in den westlich gelegenen Bundesstaaten Táchira und Portuguesa Angriffe auf staatliche Einrichtungen vorbereitet haben sollen. Nähere Details wurden zunächst nicht bekannt. Maduro hatte in den vergangenen Wochen wiederholt Pläne der Regierungsgegner angeprangert, mit Hilfe ausländischer Kräfte die Lage im Land zu destabilisieren. Dazu sollte unter anderem gehören, paramilitärische Gruppen aus dem Ausland nach Venezuela einsickern zu lassen, die dann im Rahmen des Regierungsprogramms »Sicheres Heimatland« eingesetzte Soldaten und Polizisten ermorden sollten.

 

»Sicheres Heimatland« (Patria Segura) ist eine großangelegte Kampagne der Nationalen Bolivarischen Polizei (PNB), der Streitkräfte und von Basisorganisationen gegen das organisierte Verbrechen. Diese Offensive scheint erfolgreich zu verlaufen. Am Wochenende erklärte der Direktor der PNB, Luis Karabín, daß es in der Hauptstadt Caracas gelungen sei, die Kriminalitätsrate um 40 Prozent zu senken. In der vergangenen Woche seien landesweit im Rahmen der Operation 109 Personen festgenommen worden, von denen 26 bereits wegen verschiedener Vergehen gesucht worden waren, darunter vier, nach denen wegen Mordes gefahndet wurde. Neun Banden konnten zerschlagen werden.

Ebenfalls am Sonntag warnte der bekannte Journalist José Vicente Rangel in seiner wöchentlichen Fernsehsendung »José Vicente Hoy«, daß Aktivisten der venezolanischen Rechten derzeit dabei seien, in den USA 18 Flugzeuge zu kaufen, die von Kolumbien aus für einen Angriff auf Venezuela genutzt werden sollen. Im vergangenen Mai hätten sich Vertreter der Regierungsgegner im texanischen San Antonio mit Managern eines Kampfflugzeugherstellers getroffen. »Sie haben sich Kataloge angeguckt und sich für ein bestimmtes Modell entschieden, sie haben den Kaufvertrag unterschrieben, spätestens in diesem November sollen die 18 Flugzeuge auf einem Militärstützpunkt der USA in Kolumbien bereitgestellt werden«, erklärte Rangel und fragte, ob eine Söldnerinvasion gegen Venezuela vorbereitet werde.

Das Szenarium erinnert an den April 1961, als Kuba von US-amerikanischen Flugzeugen angegriffen wurde, die mit den Farben der kubanischen Luftwaffe bemalt worden waren. Behauptet wurde damals, es habe sich um kubanische Piloten gehandelt, die nicht länger dem »Castro-Regime« dienen wollten. Tatsächlich saßen in den Maschinen jedoch vom US-Geheimdienst CIA ausgebildete Piloten. Die Beisetzung der bei den Attacken ermordeten Menschen nutzte Fidel Castro damals, um den sozialistischen Charakter der kubanischen Revolution zu proklamieren. Wenige Tage später konnten die kubanischen Milizionäre in der Schweinebucht die Aggression der Konterrevolutionäre zurückschlagen.

Als größere akute Gefahr für den bolivarischen Prozeß in Venezuela schätzt Nicolás Maduro jedoch offenbar die grassierende Korruption ein. Am Montag sollte eine großangelegte Operation gegen illegale Machenschaften in der Verbraucherschutzbehörde INDEPABIS beginnen. Dort sollen Beamte Einzelhändler erpreßt haben. Zum neuen Chef der Behörde hatte Maduro Eduardo Samán ernannt. Dieser solle »die Revolution in der Revolution« durchführen, verlangte der Präsident.

Einen möglicherweise entscheidenden Durchbruch feierte die venezolanische Regierung in der vergangenen Woche. Mit der offiziellen Begegnung von US-Außenminister John Kerry und seinem venezolanischen Amtskollegen Elías Jaua am Rande der Generalversammlung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Guatemala hat Washington die Regierung in Caracas de facto anerkannt. Beide Seiten kündigten an, künftig regelmäßig auf Ministerebene beraten zu wollen. Kurz zuvor hatte Caracas einen US-Bürger in seine Heimat abgeschoben, der unter dem Vorwurf festgenommen worden war, oppositionelle Gruppen mit Geldmitteln und Waffen ausgestattet zu haben.

Erschienen am 11. Juni 2013 in der Tageszeitung junge Welt