Schadenfreude des Tages: #LondonRiots

Im Internetdienst Twitter hat sich am Dienstag in Windeseile der Hashtag (Stichwort) »#londonriots« durchgesetzt. Viele Nutzer äußerten dort Bestürzung über die Ereignisse in England, manche versuchten bereits, sich zum »Aufräumen« der britischen Städte zu verabreden. Speziell aus der arabischen Welt ernteten sie dafür nur Spott: zum Saubermachen sei es viel zu früh, die Unruhen gingen doch gerade erst los. Viele »Tweets«, wie die auf dem Dienst veröffentlichten Nachrichten genannt werden, strotzten auch von Schadenfreude, daß die Oberlehrer für Demokratie sich plötzlich selbst einer Lage gegenübersehen, mit der sie offenbar nicht fertig werden. »Brennende Autos von Bürgern in London = Terrorismus. Brennende Autos von Bürgern in Syrien = Revolution« kommentierte etwa ein »RagDuh«. Und »LowkeyMusic1« stimmte zu: »Es ist doch eine merkwürdige Gesellschaft, die Männer, die Länder bombardieren, Helden nennt, aber Jungs, die Fensterscheiben einwerfen, Barbaren«. Und »BarryTSprout« meldete: »Die BBC hat gerade gefragt, wo die Armee bleibt – dieselbe BBC, die den Einsatz der Armee in Syrien verurteilt hat«.

Die Gelegenheit zur Revanche witterte auch »Syrian Commando«, ein der Regierung in Damaskus nahestehender Informationskanal, der in den vergangenen Tagen vor allem Nachrichten aus Syrien und Libyen verbreitet hatte, die in den westlichen Mainstreammedien verschwiegen wurden. Über Twitter kommentierten die Macher die Unruhen in England nun in derselben Weise, wie sie es zuvor über ihr Land gehört hatten. »Wir brauchen eine Flugverbotszone über London, weil die Polizei Hubschrauber einsetzt, um Teenagerinnen mit Hunden angreifen zu können«, wurde dort gefordert, und: »Es ist an der Zeit, daß Syrien und der Iran wegen der Polizeibrutalität und der Verletzung der Meinungsfreiheit ihre Botschafter aus London zurückrufen«.

Erschienen am 10. August 2011 in der Tageszeitung junge Welt