junge Welt, 25.02.2017

Bombenstimmung im Weißen Haus

US-Präsident Donald Trump will das Atomwaffenarsenal der Vereinigten Staaten weiter ausbauen. In einem Interview, das die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag verbreitete, bekräftigte er Aussagen, die er bereits im Dezember per Twitter verbreitet hatte. Damals hatte er geschrieben, die USA müssten ihre atomare Schlagkraft »stärken und ausweiten, bis die Welt zur Vernunft kommt«. Auf eine Nachfrage von Reportern des Senders MSNBC erklärte er zudem: »Dann gibt es halt einen Rüstungswettlauf«. Nun betonte er, dass Washington die stärkste Atommacht des Planeten bleiben müsse: »Wir werden niemals hinter irgendein anderes Land zurückfallen, selbst wenn es ein befreundetes Land ist.« Solange andere Staaten über Atomwaffen verfügten, blieben die USA »at the top of the pack« – was die Agentur höflich mit »ganz oben im Rudel« übersetzte. Trump attackierte auch das 2010 von den USA und Russland unterzeichnete New-START-Abkommen über die Reduzierung und Begrenzung strategischer Angriffswaffen. Dieses sei »ein weiteres schlechtes Geschäft« gewesen.

Weltweit reagierten Friedenskräfte entsetzt auf die Kriegstrommeln aus dem Weißen Haus. Daryl Kimball von der »Arms Control Association« sagte Reuters, Russland und die USA hätten beide mehr als genug Waffen, um einem Atomangriff der anderen Seite oder einer dritten Macht zu begegnen. Nach Angaben des Instituts SIPRI in Stockholm verfügt Washington über rund 7.000 Atomsprengköpfe, Moskau über 7.290.

Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) erklärten, Trumps Ankündigung zeige »auf drastische Weise, wie dringend notwendig ein Atomwaffenverbot ist«. Die Organisation appellierte an die deutsche Bundesregierung, sich doch noch an den im März beginnenden UN-Verhandlungen darüber zu beteiligen. Deutschlands Argument, mit einem Verbotsabkommen werde der Atomwaffensperrvertrag geschwächt, habe der US-Präsident ad absurdum geführt. »Trumps Ankündigung zeigt, dass der Atomwaffensperrvertrag ohne Ächtung ein stumpfes Schwert ist«, sagte IPPNW-Abrüstungsreferentin Xanthe Hall

Ende 2016 hatte eine große Mehrheit der Staaten in den Vereinten Nationen beschlossen, Verhandlungen für ein globales Verbot der Atomwaffen aufzunehmen. Diese beginnen am 27. März. Deutschland hatte in der UN-Vollversammlung dagegen gestimmt und angekündigt, dass man die Verhandlungen boykottieren werde. Diesen Kurs bekräftigte am Freitag in Berlin die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Solange es noch Staaten gebe, die »Atomwaffen als Mittel militärischer Auseinandersetzung« betrachteten, »und Deutschland und Europa hiervon bedroht sind, besteht die Notwendigkeit zum Erhalt einer nuklearen Abschreckung fort, und die wird durch die NATO gewährleistet«. Auf die Frage eines Journalisten nach den Ankündigungen Trumps vermied Demmer eine Stellungnahme und wies statt dessen nach Moskau. Die Bundesregierung bedauere, »dass das Verhalten der russischen Regierung in letzter Zeit auf dem Weg zu einer nuklearwaffenfreien Welt nicht hilfreich war«. Das Verhalten der USA bedauert sie dagegen offenbar nicht.

Erschienen am 25. Februar 2017 in der Tageszeitung junge Welt

Übersetzt auf Farsi von Tlaxcala