Verbockte Inszenierung: Spanien hat einen neuen König

Diese Inszenierung ist der spanischen Elite komplett in die Hose gegangen. Dabei sollte es doch die spanische Woche werden. Aber erst wird der »König« des Weltfußballs brutal vom Thron gestürzt – ein 0:2 gegen Chile reichte, um die spanische Nationalmannschaft nach Hause zu schicken – und dann ignorierten die meisten Menschen auch noch die Vereidigung des neuen Königs Felipe VI. Ein paar tausend Leute – vermutlich weniger als am Vorabend beim Public Viewing der Übertragung aus Brasilien – säumten die Straßen, als der Sprößling von Exmonarch Juan Carlos mit seiner Gattin Letizia im offenen Wagen nach Hause fuhr. Selbst der langjährige Chefredakteur der konservativen Tageszeitung El Mundo, Pedro J. Ramírez, räumte über Twitter ein: »Niemand wird sagen können, daß das eine Demonstration massenhafter Zustimmung für die Monarchie war.«

 

Mit der offiziellen Amtseinführung von Felipe VI. ist der Prozeß der Abdankung des bisherigen Königs Juan Carlos am Donnerstag abgeschlossen worden. Dieser Übergang hat deutlich gemacht, wie wacklig die spanische Monarchie inzwischen ist. Das Bemühen, bloß nicht schon wieder negativ aufzufallen, bestimmte alles. Ausländische Staatsgäste und Monarchen wurden nicht eingeladen, und statt eines großen Festbanketts gab es lediglich einen Empfang für 2000 Gäste, bei dem katalanischer Sekt, spanischer Wein und Tapas – kleine Häppchen – gereicht wurden. Auffällig war auch das Fehlen christlicher Symbolik: keine katholische Messe für den neuen König, der beim Ablegen des Amtseids auch auf die religiöse Formel verzichtete. Und in seiner Ansprache machte Felipe deutlich, daß er durchaus weiß, wie es um die Sicherheit seines Jobs steht. Die Krone müsse sich die Wertschätzung, den Respekt und das Vertrauen der Spanier immer wieder verdienen und deshalb eine »integre, ehrliche und transparente Verhaltensweise« bewahren. Seine Schwester, Infantin Cristina de Borbón, ist derzeit wegen einer Korruptionsaffäre angeklagt. Sein Vater Juan Carlos hatte es sich mit seinen Untergebenen verscherzt, als er mitten in der Wirtschaftskrise auf Elefantenjagd ging.

Selbst wenn man dem neuen König sein Bemühen abnehmen würde – die »Begleitmusik« zur Inthronisierung, für die Spaniens Regierung und Polizei am Donnerstag gesorgt haben, war wenig dazu angetan, neue Sympathien für die Monarchie zu wecken. Am Vorabend wurde die Puerta del Sol, der zentrale Platz Madrids, von der Polizei geräumt, um dort ein riesiges Bild des Königspaars aufzuhängen. Am Donnerstag selbst waren in der Hauptstadt Demonstrationen den ganzen Tag über verboten – und es war sogar untersagt, im Spalier an den Straßen republikanische Fahnen zu zeigen. Als junge Leute sich dem Verbot widersetzten, wurden sie von den Beamten zu Boden gerissen, mindestens drei von ihnen wurden festgenommen.

Deshalb sollte sich Felipe vielleicht noch einmal die letzten Spiele der spanischen Nationalmannschaft angucken: Ein König kann schneller gestürzt werden, als er denkt.

Erschienen am 20. Juni 2014 in der Tageszeitung junge Welt