Traum vom Blitzkrieg

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat einen Besuch in Mali am Montag genutzt, um für den Aufbau einer gemeinsamen Truppe der EU-Staaten zu werben. »Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in absehbarer Zeit eine Armee der Europäer haben werden«, sagte sie einer Meldung der Deutschen Presseagentur zufolge in Bamako. Dabei will sich Frau Ministerin nicht zu sehr von gewählten Abgeordneten auf die Finger schauen lassen. Streitkräfte müssten durch Parlamentarier getragen und unterstützt werden, »aber ich glaube, wir können in den Verfahren besser und schneller werden«. So könnten die europäischen Nationen einen Ausschuss bilden, um schneller zu Ergebnissen zu kommen. Dieser Ausschuss solle die Verantwortung »für die unterschiedlichen Nationen, die die Armee der Europäer bilden«, übernehmen.

Was das für die Union konkret bedeutet, machte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer gegenüber dem Internetportal t-­online. de klar: »Ich glaube, dass eine europäische Armee Sinn macht. Auf dem Weg dorthin werden wir den Parlamentsvorbehalt für Auslandseinsätze der Bundeswehr ein Stück zurückfahren müssen.« Bislang muss die Entsendung von deutschen Soldaten zu Kriegseinsätzen in andere Länder vorab vom Bundestag genehmigt werden.

In Mali sei zu sehen, wie in der wachsenden Zusammenarbeit euro­päischer Staaten eine Armee der Europäer aufgebaut werde, so von der Leyen in Bamako weiter. Seit 2013 hat die EU mehrere hundert Soldaten in dem westafrikanischen Land stationiert. Die Aufgabe dieser Ausbildungsmission »EUTM Mali« ist das Training der Sicherheitskräfte Malis und der anderen Staaten der »G-5-Sahelgruppe« – Mauretanien, Niger, Burkina Faso und Tschad. Die Bundeswehr ist mit 150 Uniformierten daran beteiligt, die BRD übernahm am Montag das EUTM-Kommando von Spanien. An der Menschenrechtslage in Westafrika hat das wenig geändert. So werfen die Vereinten Nationen G-5-Soldaten vor, im Mai zwölf Zivilisten hingerichtet zu haben, nachdem einer ihrer Kameraden bei einem Angriff getötet worden war. »Wir erwarten, dass die von uns ausgebildeten Soldaten die Hüter der Menschenrechte sind und sich voll und ganz ihrem Schutz verschreiben«, kommentierte das die Ministerin.

Der Einsatz in Mali war eine Reaktion darauf, dass der Norden des Landes 2012 zeitweilig von islamistischen und separatistischen Aufständischen kontrolliert werden konnte. Das war eine direkte Folge des maßgeblich von Frankreich, den USA, Großbritannien und weiteren europäischen Staaten geführten Krieges gegen Libyen 2011, der auch die Nachbarländer destabilisierte. Eine Libyen-Konferenz in Palermo, die am Montag abend von Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte eröffnet werden sollte, wird absehbar wenig zu einer Änderung der Lage beitragen.

Am Sonntag abend hatte von der Leyen in Niger am Flughafen der Hauptstadt Niamey einen Stützpunkt der Bundeswehr eröffnet, der als logistisches Drehkreuz für den Einsatz in Mali dienen soll. Niger sei ein »zuverlässiger Partner« im Kampf gegen Terror, organisierte Kriminalität und illegale Migration, lobte die Ministerin. Deutschland unterstützt das Land dabei, Flüchtlinge bereits in der Wüste abzufangen, damit sie gar nicht erst die Außengrenzen der EU erreichen. Am Sonntag übergab sie dem nigrischen Verteidigungsminister Kalla Moutari dazu die ersten von 53 weiteren Militärlastwagen im Wert von sechs Millionen Euro. Moutari zeigte sich dankbar und versprach, seine Truppen gegen »den Feind auf unserem Territorium« ins Feld zu schicken.

Erschienen am 13. November 2018 in der Tageszeitung junge Welt