»Ein neuer Putsch gegen das Volk«

In Honduras haben führende Vertreter der Linkspartei LIBRE die vom Obersten Wahlgericht (TSE) verbreiteten vorläufigen Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom Sonntag zurückgewiesen. Nach Auszählung von gut der Hälfte der Stimmen sah das TSE am Montag den Kandidaten der rechtsgerichteten Nationalen Partei, Juan Hernández, mit 34,14 Prozent der Stimmen vor Xiomara Castro, die für die LIBRE ins Rennen gegangen war und auf 28,43 Prozent gekommen sein soll. Auf dem dritten Platz lag demnach Mauricio Villeda, der für die Liberale Partei 21,03 Prozent geholt habe. Von unabhängigen Fernsehsendern verbreitete Nachwahlbefragungen hatten hingegen Castro klar vor Hernández gesehen.

Gut vier Jahre nach dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten Manuel Zelaya, dessen Ehefrau Xiomara Castro ist, sollten die Wahlen einen Schlußstrich unter die seither anhaltende politische Krise in dem zentralamerikanischen Land ziehen. Doch schon im Wahlkampf war die aus der Widerstandsbewegung gegen die Putschisten hervorgegangene Partei »Freiheit und Neugründung« (LIBRE) Ziel von Anschlägen und Verfolgungen. Einer unabhängigen Erhebung zufolge wurden mindestens 18 Politiker der Partei ermordet. Auch am Wahltag selbst gab es zahlreiche Berichte über Unregelmäßigkeiten. So sollen offenbar von Menschen, die seit Jahren tot sind, Stimmen abgegeben worden sein. Vertreter der bürgerlichen Parteien verteilten vor den Wahllokalen Geschenke, und unmittelbar nach Beendigung wurden zahlreiche Abstimmungszentren durch das Militär besetzt, die eine unabhängige Überprüfung der dem Gesetz nach öffentlichen Auszählung verhinderten.

Xiomara Castro, die sich nach den ersten Prognosen zur Wahlsiegerin erklärt hatte, rief ihre Anhänger auf, den Erfolg zu verteidigen. Ihre Partei erkenne die vom TSE verbreiteten Ergebnisse nicht an. So seien bis zu 20 Prozent der Akten wegen angeblicher »Auffälligkeiten« nicht gewertet worden. Wenn das so sei, müsse die gesamte Wahl für ungültig erklärt werden, forderte Expräsident Zelaya. Endgültige Ergebnisse wollte das TSE erst am Montag abend (Ortszeit) veröffentlichen und rief die Beteiligten zu »Geduld« auf. Es seien noch fast die Hälfte der Stimmen nicht gezählt worden, Veränderungen seien nach wie vor möglich.

Darauf vertrauen will die indigene Menschenrechtsaktivistin Bertha Cáceres jedoch nicht. Dem lateinamerikanischen Fernsehsender TeleSur sagte sie, die honduranische Rechte habe sich darauf vorbereitet, den Bürgern durch Wahlmanipulationen ein »faschistisches Modell« aufzuzwingen. Ihre Bürgerrechtsorganisation COPINH habe vielerorts die Auszählung überwacht, und in den meisten Wahllokalen habe sich Xiomara Castro durchsetzen können. »Es wird ein neuer Putsch gegen das Volk durchgeführt. Deshalb halten wir es für gerechtfertigt, daß das Volk aufsteht, um diesen Prozeß zu verteidigen.«