Blogger des Tages: Hugo Chávez

Seine jede Woche mehrere Stunden dauernde Fernsehsendung »Aló, Presidente« reicht dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez schon lange nicht mehr. Seit über einem Jahr ist er auch unter die Kolumnisten gegangen und veröffentlicht Sonntag für Sonntag in der venezolanischen Presse seine Kommentare »Las líneas de Chávez«. Doch auch das ist ihm offenbar nicht mehr genug, jetzt geht er auch noch unter die Blogger. Wie Chávez am Sonntag – natürlich – in seiner Fernsehsendung ankündigte, will er in irgendeiner Ecke des Präsidentenpalastes Miraflores einen Computer aufstellen und von dort aus seine eigene Webseite betreiben. »Ich werde meinen eigenen Schützengraben im Internet haben, für die Schlacht im Netz«, sagte er. »Ich garantiere dir, ich werde dort ganz viele Informationen einstellen: Ich habe das unterzeichnet, ich unterschreibe gerade dieses, ich diskutiere, ich habe mit dem einen und dann mit dem anderen gesprochen usw.« Es werde ein »Bombardement« mit Informationen sein, »und wir organisieren uns schon, um das Bombardement von Antworten zu empfangen, einschließlich der vom Feind. Sollen sie mir Zunder geben, ich antworte ihnen auch«, unterstrich er. Die ideologische Schlacht könne nicht nur mit Demos auf der Straße ausgefochten werden, sondern müsse auch in sozialen Netzwerken wie »Twitter« geführt werden, forderte Chávez. Nur so könnten die im Internet betriebenen Kampagnen gegen Venezuela neutralisiert werden.

Vor einigen Tagen war Chávez von der Opposition und den bürgerlichen Medien noch vorgeworfen worden, das Internet kontrollieren zu wollen, nachdem der venezolanische Präsident die Falschmeldungen eines weit rechts stehenden Portals kritisiert hatte. Das haben sie nun davon. Wie schon bei den Zeitungen und im Fernsehen geht Venezuelas Präsident nach der Devise vor: Nicht die ekligen Dreckschleudern verbieten, sondern bessere Angebote bereitstellen.

Erschienen am 23. März 2010 in der Tageszeitung junge Welt