Auf einem Foto mit Raúl Reyes

Der chilenische Oberste Gerichtshof will am heutigen Montag entscheiden, ob Manuel Olate im Gefängnis bleiben muß oder freigelassen wird. Der junge Aktivist der Kommunistischen Partei Chiles (PCCh) war am 29. Oktober gegen 23 Uhr in seinem Haus in der Hauptstadt Santiago vor den Augen seiner neun und zwei Jahre alten Kinder aufgrund eines von den Behörden Kolumbiens ausgestellten Haftbefehls festgenommen worden. Ihm droht die Auslieferung an Bogotá.

Die Regierung des dortigen Staatschefs Juan Manuel Santos wirft Olate vor, der Verbindungsmann der FARC-Guerilla in Chile zu sein. Als Beleg für diese Behauptung dienen lange bekannte Fotos, die den Aktivisten gemeinsam mit dem 2008 ermordeten FARC-Comandante Raúl Reyes zeigen. Olate bestreitet die Authenzität dieser Aufnahmen nicht. Tatsächlich habe er im Februar 2008 an einem damals in Quito, der Hauptstadt Ecuadors, stattfindenden Treffen der Kontinentalen Bolivarischen Koordination (CCB) teilgenommen und dabei auch das Lager der kolumbianischen Guerilla besucht, das sich einige Kilometer weit auf ecuadorianischem Gebiet befand.

»Wir hatten in Chile mit Journalisten einiger Medien besprochen, daß wir nach Quito zu dem Kongreß fahren würden, und bekamen den Auftrag zu versuchen, einen Repräsentanten der FARC über das Thema eines Gefangenenaustausches zu interviewen«, erläuterte Olate bereits bei einer Pressekonferenz Mitte März 2008, wenige Tage nach dem Angriff kolumbianischer Truppen auf das Guerillacamp, bei dem auch Raúl Reyes getötet wurde. Er habe keine Gesetze übertreten, da sich das Camp in Ecuador befand und sie eine Aufenthaltsgenehmigung für das gesamte Staatsgebiet des südamerikanischen Landes besessen hätten. »Wir hatten keinen Grund, uns irgendwie konspirativ zu verhalten. Wir waren bei einer öffentlichen Veranstaltung in einem demokratischen Land, in Begleitung von Delegierten aus zahlreichen Ländern, um über eine Situation zu berichten, die weltweit Aufmerksamkeit erregt.« Man sei selbstverständlich nicht auf den Gedanken gekommen, daß Uribe ein »so brutales Massaker« anordnen könnte, wie es durch den Angriff am 1. März 2008 angerichtet wurde. Dabei wurden neben Mitgliedern der Guerilla auch vier mexikanische Studenten getötet.

Nach der Festnahme Olates hat Bogotá zwei Monate Zeit, einen offiziellen Auslieferungsantrag zu stellen. Staatschef Santos kündigte an, dies fristgemäß tun zu wollen: »Das ist ein wichtiger Schlag und ein wichtiges Signal dafür, daß wir die Terroristen verfolgen werden, wo auch immer sie sind.« Paula Navarro, die Ehefrau Olates, wirft den Regierungen Chiles und Kolumbiens hingegen Machtmißbrauch vor. Bei einer Protestkundgebung vor dem Gebäude des Obersten Gerichtshofs erinnerte sie daran, daß die Vorwürfe gegen ihren Gatten bereits seit 2008 immer wieder in den Medien erhoben wurden, dieser jedoch von den chilenischen Behörden nie befragt wurde. Trotzdem lehnte ein untergeordnetes Gericht am vergangenen Mittwoch ab, Olate auf freien Fuß zu setzen. Es bestehe »Fluchtgefahr«, erklärte Richterin Margarita Herreros.

Erschienen am 8. November 2010 in der Tageszeitung junge Welt