Zelaya zu Hause

Empfangen von einer riesigen Menschenmenge ist der im Juni 2009 gestürzte Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, am Sonnabend in sein Heimatland zurückgekehrt. Nachdem er in Managua von Nicaraguas Präsident Daniel Ortega mit militärischen Ehren verabschiedet worden war, landete er gegen Mittag (Ortszeit) in einer Maschine der venezolanischen Fluggesellschaft Conviasa auf dem Flughafen Toncontín. Dort erwarteten ihn Angaben regimekritischer Medien zufolge zwischen einer halben und einer Million Menschen. Die den Putschisten nahestehende Tageszeitung El Heraldo bezifferte die Zahl der Feiernden hingegen auf 40000. Begleitet wurde Zelaya von seiner Familie, Mitgliedern seines Regierungskabinetts wie der von den Putschisten ebenfalls ins Exil getriebenen Außenministerin Patricia Rodas und einer internationalen Delegation, zu der unter anderem Venezuelas Außenminister Nicolás Maduro und die kolumbianische Senatorin Piedad Córdoba gehörten.

Ermöglicht wurde die Rückkehr des früheren Präsidenten durch ein Abkommen zwischen Zelaya und dem derzeitigen Regierungschef Porfirio Lobo, das durch Vermittlung Kolum­biens und Venezuelas zustandegekommen war. In dem Papier wird den nach dem Staatsstreich ins Exil Gezwungenen eine sichere Rückkehr zugesagt, Opfer der Menschenrechtsverletzungen unter dem Putschregime sollen die Vergehen bei den honduranischen Behörden anzeigen können. In einem weiteren Passus wird eine Änderung der Verfassung des zentralamerikanischen Landes angekündigt, um die Durchführung von Volksabstimmungen zu ermöglichen. Mit einer solchen soll dann entschieden werden, ob eine verfassunggebende Versammlung einberufen wird. Als Zelayas Tochter Xiomara Hortenzia die entsprechende Passage des Abkommens verlas, brach unter den Kundgebungsteilnehmern Jubel auf.

Eine solche Constituyente, mit der das derzeit gültige Grundgesetz von 1982 abgelöst werden soll, hatte Zelaya bereits während seiner Regierungszeit angestrebt. Dieses Vorhaben diente den Militärs als Vorwand für ihren Staatsstreich. Eine Constituyente sei ein Verstoß gegen die Verfassung, weil diese keine Änderungen vorsähe, argumentierten die Putschisten damals. Die nunmehrige Kehrtwende des Regimes kann deshalb tatsächlich als »großer Sieg des honduranischen Volkes« bewertet werden, wie dies Venezuelas Präsident Hugo Chávez Minuten nach der Landung Zelayas über den Internetdienst Twitter tat. Auch andere Präsidenten Lateinamerikas erklärten öffentlich ihre Freude über die Rückkehr Zelayas. Nur Ecuadors Staatschef Rafael Correa kritisierte, daß keine Bestrafung der Putschisten vorgesehen sei. Sein Land werde deshalb bei der am Mittwoch in der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) anstehenden Abstimmung über eine Aufhebung der nach dem Putsch verhängten Sanktionen dagegen stimmen.

Nach der Kundgebung am Flughafen wurde Zelaya im Präsidentenpalast von Staatschef Lobo empfangen. Anschließend zeigte er sich zufrieden mit dem Gespräch. Er habe von dem amtierenden Regierungschef die Schaffung von Beteiligungsmöglichkeiten für die Bevölkerung gefordert, damit diese ihren Weg frei entscheiden könne. Lobo habe guten Willen gezeigt, so Zelaya. »Wir haben ein Abkommen mit der Regierung erreicht, die auf den Putsch gefolgt ist. Alle Länder haben die Wiedereinsetzung der (demokratisch gewählten) Regierung gefordert, aber das wurde nicht erreicht. Nun haben wie einen Versöhnungsprozeß«, erklärte Zelaya. Das nächste Ziel müsse jetzt die Abhaltung freier Wahlen sein. Die Abstimmung im November 2009, bei der Lobo zum Staatschef gewählt wurde, war von einem Großteil der Bevölkerung boykottiert worden, da unter der Diktatur des Putschregimes eine demokratische Wahl als unmöglich angesehen wurde.

Manuel Zelaya war am 28. Juni 2009 am frühen Morgen von Soldaten aus seiner Residenz geholt und mit einem Flugzeug nach Costa Rica gebracht worden. Nach mehreren vergeblichen Versuchen gelang es Zelaya im September 2009, nach Honduras zurückzukehren. Er suchte Zuflucht in der brasilianischen Botschaft, in der er bis zum Amtsantritt Lobos Anfang 2010 ausharrte. Dann reiste er in die Dominikanische Republik aus, die ihn als Ehrengast beherbergte, bis er nun in seine Heimat zurückkehren konnte.

Erschienen am 30. Mai 2011 in der Tageszeitung junge Welt und am 31. Mai 2011 in der Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek