Zeit des Terrors

In Honduras scheint wieder Normalität eingekehrt zu sein. Diesen Eindruck möchte jedenfalls das Regime erwecken, das seit dem Putsch vom 28. Juni das zentralamerikanische Land regiert. Am Sonntag wurde die seit dem Tag des Staatsstreichs bestehende Ausgangssperre aufgehoben, die jeweils abends zwischen 18.30 und 23 Uhr begonnen und bis in die Morgenstunden gegolten hatte. In diesen Tagen sind mehr als 1 200 Menschen wegen der Verletzung der Ausgangssperre verhaftet worden. Zugleich rühmen sich die Putschisten, daß die Maßnahme zu einem drastischen Rückgang der Kriminalität geführt habe. Die Zahl der Todesopfer durch Gewaltverbrechen sei massiv zurückgegangen, erklärte ein Polizeisprecher.

Lebensgefährlich

Ganz im Gegensatz zu solchen Angaben ist das Leben aktiver Mitglieder der Widerstandsbewegung zunehmend gefährdet. Einem Bericht des venezolanischen Rundfunksenders YVKE Mundial zufolge wurden allein am vergangenen Wochenende zwei führende Angehörige linker Organisationen ermordet. So starb in der zweitgrößten Stadt des Landes, San Pedro Sula, Roger Iván Bados, der sich vor Ort als Mitglied der Linkspartei UD und als führendes Mitglied der Nationalen Front gegen den Staatsstreich einen Namen gemacht hatte. Sprecher der Widerstandsbewegung gingen gegenüber ausländischen Medien von einem gezielten Mordanschlag aus. »Das ist Teil des Klimas und der Repression durch die Putschistenregierung, die nicht aufhört, das Volk zu unterdrücken, denn nur durch das Terrorisieren und Ermorden des Volkes können sie sich an der Macht halten«, erklärte Juan Barahona von der nationalen Leitung der Widerstandsbewegung.

Ein weiteres Mitglied der UD, Ramón García, wurde in der im Westen von Honduras liegenden Provinz Santa Bárbara von Unbekannten gezwungen, aus dem Autobus auszusteigen, in dem er zusammen mit Familienangehörigen unterwegs war, und mit vier Schüssen regelrecht hingerichtet.

Um die Verbreitung solcher Nachrichten zu verhindern, gehen die Putschisten nun verstärkt gegen ausländische Korrespondenten vor. Am Sonntag wurden die Teams des lateinamerikanischen Nachrichtensenders TeleSur und das staatlichen venezolanischen Kanals VTV zunächst verhaftet und dann aus Honduras ausgewiesen. Bei ihrer Ankunft in Caracas berichteten die Journalisten, daß sie gerade in einem Restaurant beim Essen gewesen seien, als die Polizei erschienen sei. Als Grund für die Verhaftung wurde ihnen gesagt, daß ihr Fahrzeug auf einer Fahndungsliste der Behörden stehe. »Journalisten von Telesur waren mit gestohlenem Auto unterwegs«, machte daraus die den Putschisten treu ergebene Tageszeitung El Heraldo. Zugleich mußte sie zugeben, daß das Fahrzeug zu einer noch vor dem Putsch durch die rechtmäßige Regierung angemieteten Fahrzeugflotte gehört, die den Unterstützern der durch den Staatsstreich verhinderten Volksbefragung über die Einrichtung einer «vierten Urne« bei den für den 29. November vorgesehenen Wahlen zugeteilt wurde. Diese »vierte Urne« sollte dazu dienen, über die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung in Honduras abzustimmen.

Zur Rückkehr entschlossen

Der rechtmäßige Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, zeigt sich unterdessen weiter entschlossen, in sein Heimatland zurückzukehren. Im Gespräch mit TeleSur sagte er, er werde »irgendwann, irgendwo und irgendwie« zurückkehren. »Sie wissen, daß sie das nicht verhindern können«, sagte er.

Erschienen am 14. Juli 2009 in der Tageszeitung junge Welt