Zehntausende gegen TTIP

Mehrere zehntausend Menschen haben heute bei einem internationalen Aktionstag gegen Freihandels- und Investitionsschutzabkommen demonstriert. In Europa richteten sich die Proteste vor allem gegen die Transatlantische Freihandelszone TTIP, die derzeit zwischen den USA und der EU verhandelt wird, sowie gegen das zwischen der EU und Kanada ausgehandelte CETA-Abkommen. Wie das globalisierungskritische Netzwerk Attac mitteilte, waren insgesamt 750 Aktionen in rund 45 Ländern geplant. Allein 230 Veranstaltungen gab es in Deutschland.

Die zahlenmäßig größte Kundgebung fand mit rund 20.000 Demonstranten in München statt. Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, warnte hier vor einem »Abbau der ökologischen, sozialen und kulturellen Standards« durch TTIP, das einen »umfassenden Angriff auf unsere Lebensqualität« darstelle.

In Berlin fanden sich deutlich mehr als die ursprünglich erwarteten 1.000 Menschen zu einer Menschenkette zwischen dem Potsdamer Platz und der EU-Vertretung am Brandenburger Tor zusammen. Die Reihe der Demonstranten führte damit unter anderem an den Botschaften Kanadas und der USA vorbei. Unter einem strahlend blauen Himmel wehten Fahnen von Piratenpartei, Linken, Grünen und DKP sowie vor allem von Attac. Auch Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace waren stark vertreten. Auf Transparenten und mit teils selbstgemalten Schildern prangerten sie die verschiedenen Aspekte der drohenden Regelungen an. Besonders kritisierten die Demonstranten die geplante Einführung von Schiedsgerichten, vor denen Konzerne nationale Regierungen auf Schadensersatz verklagen können, wenn sie ihre Profiterwartungen enttäuscht sehen.

»Die geplanten Freihandelsabkommen bilden einen Angriff auf soziale, rechtliche und ökologische Standards dies- und jenseits des Atlantiks und gefährden die Demokratie«, warnte Attac-Handelsexperte Roland Süß. »Mit leeren Job- und Wachstumsversprechen versuchen EU-Kommission und Bundesregierung, der kritischen Öffentlichkeit TTIP und Co. schmackhaft zu machen. Tatsächlich droht eine schärfere Standortkonkurrenz, der Verlust von Arbeitsplätzen und weiterer Druck auf die Löhne. Profitieren würden allein große Konzerne und Banken.«

Weitere Demonstrationen gab es unter anderem in Köln, Stuttgart, Ulm, Kiel und Leipzig. In Österreich zählten die Organisatoren der Proteste landesweit 22.000 Teilnehmer. In der Hauptstadt Wien demonstrierten nach Polizeiangaben rund 6000 Menschen, die Veranstalter sprachen von 15.000 Menschen. In Brüssel wurden rund 2.000 Teilnehmer an einer Protestdemonstration gegen TTIP und ähnliche Abkommen gezählt.

Auf ebenfalls rund 2.000 Menschen schätzte die örtliche Polizei die Zahl der Demonstranten in Barcelona. Eingereiht hatte sich hier der Generalsekretär des katalanischen Gewerkschaftsbundes CCOO, Joan Carles Gallego. Gegenüber der spanischen Nachrichtenagentur EFE sagte er, die Abkommen verfolgten das Ziel, die Gesetze und Regeln zugunsten der transnationalen Konzerne auf dem niedrigsten Niveau zu harmonisieren und Druck auf die Rechte der Beschäftigten auszuüben. »Dieser Vertrag ist nichts anderes als die Fortsetzung der Austeritätspolitik, die uns in die Krise getrieben hat. Er stellt den Wohlfahrtsstaat in Frage und bedeutet eine Gefahr für die Beschäftigten.«

Erschienen am 18. April 2015 in der Onlineausgabe der Tageszeitung junge Welt