Washingtons Scheitern

Die Deutsche Presseagentur wusste es am Freitag mal wieder ganz genau. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro habe sich mit dem Ablegen des Amtseids am Donnerstag »ins Aus« manövriert: »Es wird einsam um den Machthaber von Caracas. Trotz massiver internationaler Proteste hat er sich für seine zweite Amtszeit vereidigen lassen – jetzt will erst recht kaum noch jemand mit ihm reden.«

Solche Sprachregelungen finden sich oft in den Leitmedien hierzulande. Sie spiegeln weniger die Realität in Venezuela und Lateinamerika wider als vielmehr einen Eurozentrismus, der sich selbst für den Maßstab aller Dinge hält.

Die Zeremonie am Donnerstag in Caracas und die internationalen Reaktionen machen etwas anderes deutlich: Die USA und die ihnen ergebenen Regierungen der »Lima-Gruppe« sind mit ihrem Versuch gescheitert, Maduro vor Beginn seiner neuen Amtszeit aus dem Amt zu verdrängen. Obwohl sie alles mögliche versucht haben, konnten sie weder die Wahlen im vergangenen Mai noch die Vereidigung des wiedergewählten Staatschefs verhindern.

Die in den vergangenen Tagen inszenierte Farce verschiedener Regierungen, die Regierung Maduros »nicht anerkennen« zu wollen, fällt auf diese Staaten zurück. Mit wem, wenn nicht mit der gewählten Administration in Caracas, wollen sie das Gespräch suchen, wenn Probleme zu lösen sind? Davon gibt es genügend, angefangen bei der großen Zahl an Menschen, die Venezuela wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten verlassen haben und nun in den Nachbarstaaten leben.

Washington, Lima, Bogotá und Brasília haben letztlich nur zwei Optionen: entweder sie nehmen die Realitäten in Venezuela zur Kenntnis und kehren zur Diplomatie zurück. Oder aber sie verschärfen ihren Kurs gegen Caracas noch weiter. Es gibt bereits eine brutale Finanz- und Handelsblockade, die unfähige Opposition wurde mit Millionen Dollar erfolglos hochgepäppelt, jetzt wurden auch noch die diplomatischen Verbindungen abgeschnittenn. So bleiben nicht mehr viele weitere Optionen außer einer militärischen Aggression, mit der die USA längst liebäugeln.

Diesen Amoklauf machen zum Glück nicht alle mit. Selbst EU-Außenministerin Federica ­Mogherini hat Maduro in einer Erklärung vom Donnerstag als Präsidenten anerkannt, auch wenn sie fälschlicherweise behauptet, dass die Grundlage für seine Herrschaft »undemokratische Wahlen« gewesen seien.

Der 10. Januar 2019 war deshalb ein guter Tag für Nicolás Maduro und seine Regierung. Für Washington aber war es eine Niederlage.

Erschienen am 12. Januar 2019 in der Tageszeitung junge Welt