Warten auf den Angriff

Nach den Drohungen von US-Präsident Donald Trump und anderen westlichen Spitzenpolitikern gegen Syrien wird in Damaskus seit Tagen mit einer US-geführten Angriffswelle auf das Land gerechnet. Die Truppen sind in Alarmbereitschaft versetzt worden, geschehen ist bislang nichts. Der syrische Präsident Baschar Al-Assad warnte am Donnerstag, dass militärische Angriffe des Westens auf Syrien »nur die Instabilität der Region erhöhen und den internationalen Frieden und die Sicherheit in Gefahr bringen« würden.

Regierungstruppen brachten nach russischen Angaben vom Donnerstag die Stadt Duma und damit die gesamte Region Ostghuta unter ihre Kontrolle. Das Gebiet unweit von Damaskus war jahrelang von der »Armee des Islam« und anderen dschihadistischen Gruppen kontrolliert worden. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete, übergaben die letzten verbliebenen Kämpfer ihre schweren Waffen an die russische Militärpolizei, ihre Anführer wurden zusammen mit Tausenden Dschihadisten in Richtung Norden evakuiert. Der libanesische Fernsehsender Al-Mayadeen meldete am Donnerstag, syrische Einheiten hätten auch den Ort Sakba erreicht, in dem die mit den Islamisten verbündete Organisation »Weißhelme« am vergangenen Wochenende die Videoaufnahmen von dem angeblichen Giftgaseinsatz gemacht hatte. Die syrische Regierung hat die Organisation für das Verbot von chemischen Waffen (OPCW) eingeladen, vor Ort eigene Untersuchungen vorzunehmen.

US-Präsident Donald Trump relativierte am Donnerstag seine über Twitter ausgestoßenen Drohungen vom Vortag und schrieb, er habe »nie gesagt, wann ein Angriff auf Syrien stattfinden« werde. »Es könnte sehr bald oder nicht so bald sein.« Demgegenüber goss der französische Präsident Emmanuel Macron weiter Öl ins Feuer. Seine Regierung habe Beweise für den Einsatz von Giftgas durch die syrische Regierung in Duma, behauptete der Staatschef am Donnerstag in einem Interview mit den Fernsehsendern TF1 und LCI. Sobald alle vorliegenden Informationen bestätigt seien, werde eine Entscheidung über einen Militäreinsatz getroffen. Auch Saudi-Arabien und Australien kündigten ihre Bereitschaft an, sich an einem Angriff auf Syrien zu beteiligen. Die britische Premierministerin Theresa May ordnete die Verlegung der im Mittelmeer stationierten U-Boote vor die syrische Küste an. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, dass sich Deutschland nicht an einem militärischen Angriff beteiligen werde. Gleichwohl sind »Tornado«- und AWACS-Aufklärungsflugzeuge der Bundeswehr weiter über Syrien im Einsatz und unterstützen so mit ihren Daten eine Aggression gegen das Land.

Die iranische Nachrichtenagentur Fars berichtete am Mittwoch unter Berufung auf örtliche Medien, dass die syrische Armee in der östlichen Ghuta britische Militärangehörige festgenommen habe. »Kämpfer und Agenten, die für Israel, Jordanien und die NATO« operierten, hätten in der Region festgesessen und seien nach Vermittlung durch die Türkei nach Idlib gebracht worden. Die syrische Regierung oder Armee bestätigten den Bericht nicht. Er deckt sich aber mit Aussagen von Busfahrern, die bei der Evakuierung der Kämpfer aus der Ostghuta eingesetzt worden waren. Diese gaben im Gespräch mit junge Welt an, dass bei der ersten Transportwelle im März mindestens zwei Busse mit ausländischen Kämpfern nach Idlib gefahren seien, die man nicht kontrolliert habe.

Verfasst gemeinsam mit Karin Leukefeld

Erschienen am 13. April 2018 in der Tageszeitung junge Welt