Warnung vor Putsch

In Venezuela will die rechte Opposition den Wahlerfolg des neuen Präsidenten Nicolás Maduro nicht anerkennen. Der am Sonntag knapp unterlegene Kandidat der Regierungsgegner, Henrique Capriles Radonski, hat seine Anhänger zu Protestaktionen aufgerufen und will am heutigen Mittwoch mit ihnen zum Sitz des Nationalen Wahlrates (CNE) demonstrieren. Maduro sei ein »illegitimer Präsident«. Zwar betonte Capriles in einer äußerst aggressiv vorgetragenen Ansprache vor dem Sitz seines Wahlkampfstabes im Osten der Hauptstadt Caracas, daß die Protestaktionen »gewaltfrei« sein müßten, doch in mehreren Städten brannten bereits Büros der Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV). Auch Gesundheitseinrichtungen, in denen kubanische Ärzte arbeiten, waren das Ziel von Übergriffen. Informationen des linken Internetportals Aporrea zufolge wurden mindestens vier Regierungsanhänger von Oppositionellen ermordet.

 

Capriles hatte zuvor eine »Neuauszählung« aller Stimmzettel gefordert. Allerdings wird in Venezuela per Wahlmaschine abgestimmt, auf Papier werden lediglich Kontrollzettel ausgedruckt, damit die Wähler überprüfen können, daß ihre Stimme korrekt gewertet wurde. Sie werden anschließend in die Wahlurnen geworfen. Eine Überprüfung dieser Zettel mit den elektronisch übermittelten Ergebnissen hatte schon am Sonntag auch Wahlsieger Nicolás Maduro vorgeschlagen. Zugleich erinnerte dieser jedoch daran, daß ohnehin 54 Prozent aller Stimmen in dieser Weise kontrolliert werden. Vor Jahren hatte die Opposition genau diesen Anteil gefordert und gedroht, sonst die damaligen Wahlen zu boykottieren.

Jetzt behauptete Capriles, die Regierung versuche, »Beweise verschwinden« zu lassen. Sein Kommandostab habe mehr als 3000 Beschwerden über Verstöße gegen die Wahlgesetze erhalten, die ihm vorliegenden Ergebnisse seien »andere als die am Sonntg verkündeten«. Er rief seine Anhänger dazu auf, ihn am heutigen Mittwoch zum CNE »zu begleiten«, wo er gegen die offiziellen Ergebnisse protestieren wolle.

Demgegenüber hatte CNE-Präsidentin Tibisay Lucena am Montag die Einmischung der USA, der EU und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in die inneren Angelegenheiten Venezuelas zurückgewiesen. Venezuela sei ein Rechtsstaat, der respektiert werden müsse. Wenn es unterschiedliche Meinungen über die Ergebnisse gäbe, müsse Capriles die für Beschwerden vorgesehenen juristischen Instanzen anrufen, unterstrich sie.

Auch Venezuelas gewählter Präsident Nicolás Maduro erklärte, daß die Opposition mit der Nichtanerkennung der Ergebnisse einen Staatsstreich vorbereite. »Wir wissen, was zu tun ist«, unterstrich er. »Wir sind Anhänger des Frieden, aber wir werden die politische Stabilität dieses Landes zu schützen wissen.« Konkret prangerte er die Botschaften der USA und Spaniens in Caracas an, weil diese in die Pläne der Opposition verwickelt seien. Teile der Opposition seien »vor den Gringos auf die Knie gefallen« und hätten »Lust aufs Töten«. Mehrheit sei jedoch Mehrheit und müsse verteidigt werden, so Maduro: »In Venezuela gibt es zwei Hälften: Eine patriotische, revolutionäre, sozialistische Hälfte, die die Mehrheit hat, und eine andere Hälfte, die die Minderheit ist.« Das Vorgehen der Opposition verglich er mit »Deutschland in den 30er und 40er Jahren«.

Von seiten der deutschen Bundesregierung gibt es noch immer keine Stellungnahme zu den Wahlen in Venezuela.

Erschienen am 17. April 2013 in der Tageszeitung junge Welt