Verlierer des Tages: Springer-Presse

Bei Bild ist man als Linker immer »Verlierer des Tages«, da kann man machen, was man will. Am Sonnabend traf es den Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko. Grund: Er ist nach Venezuela gereist. Im März war er für Bild übrigens schon einmal »Verlierer«. Der Grund damals: Er war (wegen einer Erkrankung) nicht nach Venezuela gereist. Ja, was denn nun? Soll er, oder soll er nicht?

Ganz nebenbei: Es ist schon faszinierend, wieviele Unwahrheiten die Schreibtischtäter aus dem Springer-Hochhaus auf dem bisschen Platz unterbringen können, der für »Gewinner und Verlierer« vorgesehen ist. Hunko habe »schon russische Separatisten in der Ostukraine« unterstützt, heißt es da. Können kranke Kinder Separatisten sein? Denn im Februar und November 2015 hatte Hunko zusammen mit seinem damaligen Fraktionskollegen Wolfgang Gehrcke gespendete Medikamente in das Kinderkrankenhaus Gorliwka im Südosten der Ukraine gebracht.

Jetzt »ehrt« Hunko also »Venezuelas umstrittenen Staatschef« Nicolás Maduro, den Bild nebenbei auch noch zum »Wahlfälscher« erklärt. Aber: Wenn ein Besuch automatisch eine Ehrung ist, dann hat Hunko auch den Putschisten Juan Guaidó geehrt. Denn mit dem Parlamentspräsidenten ist Hunko auch zusammengetroffen. Und mit dessen Stellvertreter Edgar Zambrano, der über Twitter informierte, dass der deutsche Abgeordnete »im Namen des im Land akkreditierten deutschen diplomatischen Korps dem venezolanischen Volk seine Unterstützung und Solidarität« ausgesprochen habe.

Immerhin: Hunkos Alter haben sie korrekt angegeben. Und sie haben Maduro als Staatschef bezeichnet. In diesem Punkt ist Bild also realistischer als das Auswärtige Amt, das immer noch Guaidó für den Präsidenten Venezuelas hält. Doch ansonsten gilt wieder mal: Recherche versaut die schönste Unterstellung. Er hat mit Maduro geredet! Böse! Verlierer!

Erschienen am 29. April 2019 in der Tageszeitung junge Welt