Unternehmer auf Lösungssuche

In Honduras bröckelt die Unterstützung für das Regime der Putschisten. Bereits am Montag hatten Abgeordnete der den Staatsstreich unterstützenden Parteien das Dekret abgelehnt, mit dem das Regime den Ausnahmezustand über das zentralamerikanische Land verhängt und die verfassungsmäßigen Grundrechte aufgehoben hatte.

Der honduranische Industriellenverband ANDI hat dem Regime seinerseits einen »Kompromißvorschlag« unterbreitet, wonach der am 28. Juni gestürzte Präsident Manuel Zelaya sein Amt für wenige Stunden wieder übernehmen solle, um dann selbst zurückzutreten und die Regierungsgewalt der Armee und einem »Ministerrat« zu übergeben. Außerdem sollen 3000 Soldaten aus Kolumbien, Panama und Kanada als »Friedenstruppe« in Honduras stationiert werden. Obwohl die Details dieses Vorschlags wenig mehr sind als eine kaum verhüllte Legalisierung des Staatsstreichs, zeigt allein die Veröffentlichung dieses Vorschlags, daß die Unternehmer offenbar einsehen mußten, daß es ohne eine Rückkehr Zelayas in sein Amt nicht zu einer Beruhigung der Lage kommen wird. Die seit dem Putsch anhaltenden Massenproteste und die häufigen Ausgangssperren bedeuten für die Unternehmer Verluste von etwa 20 Millionen US-Dollar am Tag, so Schätzungen. Der meist kurzfristig erlassene Hausarrest für ein ganzes Land verhindert nicht nur, daß die Arbeiter zu den Betrieben gelangen, sondern beinhaltet auch die Schließung der Grenzübergänge von Honduras zu seinen Nachbarländern. Honduras ist durch seine geographische Lage aber ein Land, durch das praktisch der gesamte internationale Warenverkehr Mittelamerikas läuft.

In Brasilia hat unterdessen der Präsident des brasilianischen Abgeordnetenhauses, Michel Temer, die Reise einer Parlamentarierdelegation nach Honduras angekündigt, die sich dort über die Lage in der brasilianischen Botschaft informieren soll. In Gesprächen mit Parlamentsabgeordneten aus Honduras wollen die Vertreter von sechs Parteien die Respektierung der Unverletzlichkeit der diplomatischen Vertretung einfordern, die seit der Rückkehr Zelayas nach Honduras und seiner Zuflucht in der Botschaft vom Militär abgeriegelt ist. Mit lautstarker Lärmbeschallung und dem Einsatz giftiger Gase haben die Putschisten wiederholt versucht, die in dem Gebäude ausharrenden Menschen zum Verlassen zu zwingen.

Erschienen am 1. Oktober 2009 in der Tageszeitung junge Welt