junge Welt, 21. März 2018

Trump gegen »Petro«

Washington will mit aller Macht eine wirtschaftliche Stabilisierung Venezuelas verhindern. Am Montag (Ortszeit) unterzeichnete US-Präsident Donald Trump eine »Executive Order«, in der alle Transaktionen mit der neuen venezolanischen Digitalwährung Petro verboten werden. Handel mit dem Kryptogeld verstoße gegen bereits bestehende Sanktionen der US-Administration, hieß es in Washington. »Investitionen in Petro sollten als direkte Unterstützung dieser Diktatur gewertet werden und als Versuch, die demokratische Ordnung in Venezuela zu untergraben«, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag ein namentlich nicht genanntes »hochrangiges Mitglied der US-Regierung«.

Caracas verurteilte die neuen Sanktionen als Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen und das Völkerrecht. Die US-Administration begehe mit ihrem Wirtschaftskrieg gegen Venezuela ein »Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das vor dem Internationalen Strafgerichtshof als Verletzung von Artikel 7 des Römischen Statuts angezeigt werden« könne, heißt es in einem am Montag (Ortszeit) verbreiteten offiziellen Statement der Regierung.

Das Digitalgeld »Petro« war von Caracas am 20. Februar gestartet worden, um die finanzielle Lage des Landes zu stabilisieren. Solche Kryptowährungen – die bekannteste ist der »Bitcoin« – beruhen auf speziell abgesicherten und dezentralisierten Datenprotokollen im Internet und ermöglichen auf diese Weise einen Zahlungsverkehr ohne Banken oder andere zwischengeschaltete Instanzen. Dadurch will Venezuela die von Washington verhängte Finanzblockade umgehen, wegen der zuletzt Zahlungen der Regierung – zum Beispiel für Warenimporte – nicht an die Empfänger weitergeleitet wurden. Deshalb hatten hochrangige Funktionäre der venezolanischen Regierung schon während einer internationalen Solidaritätskonferenz am 6. und 7. März in Caracas das Vorgehen Washingtons als Krieg bezeichnet, der Menschenleben fordere. So verwies Kulturminister Ernesto Villegas darauf, dass Kinder im Krankenhaus wegen fehlender Medikamente nicht behandelt werden könnten.

»Mit dem Petro schafft sich Venezuela ein Instrument, den Außenhandel unabhängig vom Dollar zu betreiben«, lobt Tobias Kraus, ein Experte für Kryptowährungen, im Gespräch mit junge Welt die Strategie der Regierung in Caracas. Der Dollar sei mit nichts »außer der Militärgewalt der USA« gedeckt. Washington produziere für seinen Außenhandel Geldscheine in beliebiger Menge, dahinter stehe jedoch kein realer Wert. »Es ist natürlich schlecht, wenn du Waren, die mit Aufwand produziert oder gefördert wurden – zum Beispiel Erdöl –, gegen Geld tauschst, das die anderen einfach drucken«, so Kraus.

Der Petro wird dagegen mit fünf Milliarden Barrel Erdöl aus den Reserven des Landes abgesichert und soll künftig auch im offiziellen Geldverkehr, zum Beispiel für Steuerzahlungen, zum Einsatz kommen. Das sei ein »weiter Sprung in die Zukunft«, weil das Land die »Fesseln des Dollar« sprengen und die Türen für eine Erholung des Wirtschaftssystems öffnen könne, heißt es in dem Statement der venezolanischen Regierung. Am Dienstag lief die vierwöchige Vorverkaufsphase für den Petro aus. Wie Wissenschaftsminister Hugbel Roa der staatlichen Nachrichtenagentur AVN sagte, gingen seit deren Beginn Kaufbekundungen von knapp einer Milliarde Euro ein.

Erschienen am 21. März 2018 in der Tageszeitung junge Welt