Spanische Botschaft in Athen besetzt

Seit mehr als 24 Stunden hielten am Mittwoch Aktivisten der spanischen Bewegung »Rumbo a Gaza« (Kurs auf Gaza) die Botschaft ihres Landes in Athen besetzt. Als Vertreter der 45 Passagiere, die auf der »Gernika« an der zweiten Freiheitsflottille nach Gaza teilnehmen wollen, protestierten sie mit ihrer Aktion gegen das Auslaufverbot der griechischen Behörden und gegen das Schweigen der Regierung in Madrid. Bei einer aus den Botschaftsräumen über Internet verbreiteten Pressekonferenz kündigten sie am Dienstag abend an, solange in der diplomatischen Vertretung ausharren zu wollen, bis sie eine Antwort der spanischen Außenministerin Trinidad Jiménez erhielten.

Am Dienstag morgen hatten ursprünglich 30 Aktivisten die Botschaftsräume besetzt und an deren Balkon eine palästinensische Fahne gehißt. Botschafter Miguel Fuertes Suárez wurden zwei Briefe überreicht, in denen die Regierung in Madrid über die Lage der unter spanischer Flagge fahrenden »Gernika« sowie der 45 an Bord befindlichen Landsleute informiert wird, deren Grundrechte durch das Auslaufverbot der griechischen Behörde verletzt wurden. Außenministerin Jiménez wird in den Schreiben aufgefordert, die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um Druck auf die Regierung in Athen auszuüben. Das Auslaufverbot sei eine Verletzung unter anderem des Schengener Abkommens, das EU-Bürgern volle Bewegungsfreiheit in allen Unterzeichnerstaaten zusichert. Bislang hatte sich die spanische Regierung nicht zu den griechischen Maßnahmen geäußert.

Die Besetzer betonten, daß ihre Aktion vollkommen gewaltfrei sei, die Bewegungsfreiheit von niemandem eingeschränkt werde und das Personal der Botschaft seine normale Arbeit wie gewohnt fortsetzen könne. Ein Teil der Aktivisten hatte in der Nacht offenbar das Gebäude der Vertretung verlassen und kündigte an, die Besetzung durch Aktionen vor der Botschaft fortzusetzen, die in unmittelbarer Nähe der Akropolis, des Wahrzeichens Athens, liegt. Zu den Personen, die in der Vertretung ausharren, gehören der Schriftsteller Santiago Alba Rico und die junge Parlamentarierin Marina Albiol.

Parallel zu der Protestaktion in der Botschaft hat der spanische Europaabgeordnete Willy Meyer, der ebenfalls an der Flottille teilnehmen will, Klage gegen die Maßnahmen der griechischen Behörden eingereicht. Gegenüber den Hafenbehörden in Chania erklärte er, das Verbot verletze das Völkerrecht und die europäischen Rechtsnormen und sei somit ein Angriff auf die Bürgerrechte. »Das Argument, mit dem die griechische Regierung diese Maßnahme begründet, nämlich eine angenommene Kriegssituation oder kriegsähnliche Spannungen, ist nicht haltbar, denn was das palästinensische Volk in Gaza erleidet, ist eine Blockade durch Israel, die 2008 vom UN-Sicherheitsrat und von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon selbst verurteilt wurde«, unterstrich Meyer. Mit ihren Maßnahmen, um die humanitäre Hilfe für Gaza zu verhindern, mache sich die EU und die Diplomatie ihrer Mitgliedsstaaten zu Komplizen der israelischen Regierung. Dadurch verliere die Union die Möglichkeit, konstruktiv zur Schaffung eines palästinensischen Staates und zur Beendigung des israelisch-arabischen Konflikts beizutragen, so der Parlamentarier der spanischen Vereinigten Linken (IU).

Der Sprecher der Kampagne »Rumbo a Gaza«, Manuel Espinar, äußerte am Mittwoch gegenüber dem lateinamerikanischen Fernsehsender TeleSur, die griechische Regierung habe vermutlich von den anderen Regierungen der EU eine finanzielle Gegenleistung für ihr Verhalten gegenüber den Gaza-Aktivisten erhalten. »Sie wurde bezahlt, oder ihr wurde ein Teil der Schulden erlassen, damit sie diese schmutzige Arbeit macht«, sagte er dem Sender. Auf das Angebot der griechischen Regierung angesprochen, den Transport der Hilfsgüter nach Gaza zu übernehmen, reagierte Espinar ironisch. Athen habe offenbar keine anderen Probleme, als sich nun um Schiffstransporte zu kümmern.

Erschienen am 7. Juli 2011 in der Tageszeitung junge Welt