Schwarzer Block prügelt in Demonstration

Bei brütender Hitze haben Tausende Menschen am Samstag in Garmisch-Partenkirchen gegen das am morgigen Sonntag auf Schloss Elmau beginnende G-7-Gipfeltreffen demonstriert. Schon mehr als eine Stunde vor dem offiziellen Auftakt konnten die Veranstalter mehr als 5.000 Menschen melden, die sich am Bahnhofsvorplatz versammelt hatten, und ständig kamen weitere Gruppen hinzu. Schließlich gaben die Veranstalter die Teilnehmerzahl mit 7.500 Menschen an. Die Polizei kolportierte dagegen eine lächerlich geringe Zahl von 3.600 Menschen. Noch größer war allerdings die Zahl der in Kampfmontur angerückten Polizisten, die sich vor, hinter und entlang der Auftaktkundgebung postierten.

Die Demonstranten ließen sich von dem provokativen Aufzug der Sicherheitskräfte nicht provozieren. Neugierig beäugt von Garmischer Bürgern am Straßenrand, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten, zog ein bunter Zug durch die Straßen des Kurortes. Friedensaktivisten unter ihren Regenbogenbannern liefen vor einem Block von DKP und SDAJ mit roten Fahnen. Lesben und Schwule forderten Gleichberechtigung, während Mitglieder der Linkspartei hinter einem Lautsprecherwagen liefen, von dem aus die Überwindung des Kapitalismus gefordert wurde. Eine junge Frau forderte auf einem Pappschild »Friedlich bleiben!« – unklar blieb, ob sie ihren Appell an die Demonstranten, die Polizisten oder beide richtete. Anarchisten zeigten ihre schwarze Fahne mit dem weißen »A«, während Umweltschützer zu verstärkten Anstrengungen im Klimaschutz aufriefen. Gegen TTIP und ähnliche Freihandelsabkommen wandten sich andere Teilnehmer. Den Abschluss des langen Demonstrationszuges bildete ein Block tanzender Jugendlicher, die Plakate mit der Aufschrift »Und wo bleibt die Liebe« schwenkten. Der Zug bestand aus Teilnehmern aller Generationen: Weißhaarige Paare liefen neben jungen Eltern, die ihre Kinder mitgebracht hatten. Eine hochschwangere Frau hatte ihren nackten Bauch mit dem Friedenssymbol bemalt und ging am Rande der Demonstration mit. Auch Clowns versuchten, die verkniffen aus ihren Kampfanzügen schauenden Beamten aufzumuntern.

Die Stimmung in der Demonstration war lange fröhlich und friedlich, nichts deutete auf die von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) heraufbeschworenen Gewalttäter hin – zumindest nicht unter den Demonstranten. Während der Zwischenkundgebung begannen die Beamten dann unvermittelt, auf die gewaltfreie Demonstration einzuprügeln und Pfefferspray sowie Tränengas einzusetzen. Die Spitze der Demonstration wurde von Polizei in drei Reihen eingekesselt. Eine Ursache für die Eskalation war nicht zu erkennen. Möglicherweise genügte der Einsatzleitung, dass einige Teilnehmer Wurfzelte entfalteten. Über Twitter meldete die Polizei dagegen, dass »Rauchtöpfe« die Ursache für ihr Einschreiten seien und einige Leute außerdem »Feuerlöschpulver« auf die Beamten geworfen hätten. Die Demonstrationsleitung rief die Teilnehmer wiederholt auf, sich nicht provozieren zu lassen. Die SDAJ meldete aus dem Kessel via Twitter: »Polizei prügelt ohne Grund auf unseren Block ein. Wir werden uns nicht provozieren lassen.« Telefonisch meldete sich ein Teilnehmer aus dem Kessel und teilte mit, dass von ihnen keinerlei Gewalt ausgegangen sei. Trotzdem wurde eine junge Frau festgenommen, zahlreiche Menschen sollen bereits verletzt worden sein. Auch Journalisten gerieten in das Visier der prügelbereiten Polizisten. Hessische Beamte sagten offenbar zu einem Reporter: »Wenn Ihr uns in die Quere kommt, ist die Pressefreiheit zu Ende.« Gegen 17 Uhr schien sich die Lage allmählich zu beruhigen. Die Eskalation ging ganz offensichtlich von den uniformierten, vermummten und gewaltbereiten Polizisten aus.

Erschienen am 6. Juni 2015 in der Onlineausgabe der Tageszeitung junge Welt