Same procedure as last year

In Venezuela hat die Nationalversammlung am Dienstag (Ortszeit) mit den Stimmen der Oppositionsparteien einen Beschluss gefasst, wonach Präsident Nicolás Maduro sein Amt »usurpiert«, also rechtswidrig besetzt habe. Alle Entscheidungen der Regierung seit der Vereidigung des Staatschefs für eine neue Amtszeit in der vergangenen Woche seien deshalb ungültig.

Unmittelbare Auswirkungen hat die Resolution nicht, denn seit 2016 gelten alle Entscheidungen des Parlaments einem Beschluss des Obersten Gerichtshofs zufolge als null und nichtig. Hintergrund ist, dass sich das von der Opposition kontrollierte Parlamentspräsidium über mehrere höchstrichterliche Urteile hinweggesetzt hatte. Hinzu kommt, dass die 2017 gewählte Verfassunggebende Versammlung über der Nationalversammlung steht.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Abgeordneten Maduro für abgesetzt erklären. 2016 sollte er seines Amtes enthoben werden, weil er in Kolumbien geboren worden sei – das wurde sogar von der Regierung in Bogotá dementiert. Anfang 2017 verabschiedete die Nationalversammlung eine Erklärung, dass der Staatschef sein Amt aufgegeben habe. Im vergangenen Jahr veröffentlichte dann der »Oberste Gerichtshof im Exil« ein »Urteil«, wonach die Präsidentschaft Maduros »suspendiert« werde.

Medienberichten zufolge erwägt US-Präsident Donald Trump nun, Parlamentspräsident Juan Guaidó als neuen Staatschef Venezuelas anzuerkennen. Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, hatte das in der vergangenen Woche bereits per Twitter getan. Allerdings ist die Lage für die ausländischen Helfer der Putschisten kompliziert, denn Guaidó selbst hat es bislang vermieden, sich zum Staatschef zu erklären. Bei einer Veranstaltung am vergangenen Freitag erklärte er sich zwar bereit, »Übergangspräsident« zu werden, aber nur, wenn er die Unterstützung des Militärs habe und wenn »Millionen Menschen auf die Straße« gingen.

Für den 23. Januar hat die Opposition ihre Anhänger zu einer Großdemon­stration in Caracas aufgerufen. Es wird dann zu einer Kraftprobe mit dem Regierungslager kommen, denn auch die Sozialisten mobilisieren für eine Massenkundgebung. Der Präsident der Verfassunggebenden Versammlung, Diosdado Cabello, kündigte bei einer Pressekonferenz am Dienstag an, man werde »die Welt daran erinnern, dass sich Venezuela von niemand verraten lässt«.

Erschienen am 17. Januar 2019 in der Tageszeitung junge Welt