»Wir brauchen Hugo Chávez« – Gespräch mit Carlos Aquino

Carlos Aquino ist der für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Sekretär des Politbüros der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV) und Chefredakteur der Parteizeitung Tribuna Popular. Er vertritt seine Partei im »Kommando Simón Bolívar«, dem zentralen Wahlkampfstab der Unterstützer der Verfassungsänderung.

Welche Position hat die Kommunistische Partei Venezuelas zur angestrebten Verfassungsänderung?

Für die PCV war es seit Beginn dieser Diskussion vor fast zwei Jahren eine klare Sache, daß es ein Recht des Volkes ist, denjenigen zu wählen, den es will, und ihn auch so oft zu wählen, wie es will. Deshalb unterstützt die PCV das Ja und arbeitet für einen Erfolg beim Referendum. In der Nationalversammlung haben die kommunistischen Abgeordneten diese Position bei den Beratungen im Dezember deutlich gemacht, und seit sich das nationale Wahlkampfkommando »Simón Bolívar« aus allen revolutionären Kräften Venezuelas gebildet hat, mobilisiert die PCV mit ihrer ganzen Struktur und all ihren Kräften für einen Erfolg am 15. Februar.

Während der Kampagne für das Ja wurde häufig argumentiert, daß die Verfassungsänderung für die Fortsetzung des revolutionären Prozesses notwendig sei. Hängt die Bolivarische Revolution tatsächlich so sehr von der Person des Präsidenten Chávez ab?

Jeder revolutionäre Prozeß hat seinen eigenen Charakter, entsprechend dem nationalen und internationalen historischen Augenblick, der Geschichte und Traditionen des Landes, der Kultur des Volkes und seinem politischen Bewußtsein, der Entwicklung der Produktivkräfte, der Stärke der revolutionären Organisation und des Vorhandenseins von Naturressourcen.

Immer, wenn der Imperialismus seine Herrschaftsinteressen bedroht sieht, nutzt er seine Kraft und seine Instrumente, um die revolutionäre Entwicklung rückgängig zu machen, wie sehr sie auch noch am Anfang stehen mag. Deshalb waren die letzten zehn Jahre venezolanischer Revolution, in denen Hugo Chávez die Präsidentschaft Venezuelas und die wichtigste Führung der bolivarischen Kräfte ausgeübt hat, geprägt von ständigen konterrevolutionären Angriffen und Aktionen zur Destabilisierung. In diesen Jahren hat sich die Glaubwürdigkeit und moralische Autorität des Präsidenten im Volk gefestigt. Chávez selbst hat politisch-ideologische Fortschritte gemacht.

Ein Erfolg der Konterrevolutionäre würde dazu führen, daß diese verstärkt die Beseitigung der venezolanischen Revolution verfolgen. Deshalb steht viel mehr auf dem Spiel als nur eine Wahl. Präsident Chávez hat eine wichtige Führungsrolle, die der Vertiefung der Revolution weiter zur Verfügung stehen muß. Das Wichtigste sind die Interessen und Bedürfnisse des Prozesses und des Volkes.

Im vergangenen Herbst hat Präsident Chávez während der Kampagne zu den Regionalwahlen harte Angriffe gegen die PCV und andere verbündete Parteien gerichtet. Konnten die Spannungen im bolivarischen Lager inzwischen überwunden werden?

Wie wir damals schon sagten, waren das unverhältnismäßige, ungerechte und unbegründete Angriffe. Wir sind davon ausgegangen, daß sie aus der Hitze eines komplizierten Wahlkampfes heraus entstanden sind, und vielleicht waren diese Erklärungen auch durch einige Sektoren beeinflußt, die schon immer Gegner der PCV waren.

Heute entwickeln wir durch das nationale Wahlkampfkommando »Simón Bolívar« einen neuen Versuch zur Verständigung der Kräfte, die den revolutionären Prozeß unterstützen. In diesem Rahmen wurde auch bereits die Notwendigkeit angesprochen, kritisch und selbstkritisch die begangenen Fehler zu diskutieren.

Vor fast zwei Jahren wurde die Vereinte Sozialistische Partei Venezuelas (PSUV) gegründet. Die PCV lehnte es damals ab, sich aufzulösen. Wie hat sich Ihre Partei seither entwickelt?

Während der etwas mehr als zwei Jahre seit dem Aufruf von Chávez zur Gründung der PSUV entschloß sich ein Teil der PCV-Mitglieder, sich an der Umsetzung dieses Vorschlags zu beteiligen. Obwohl es eine Linie gab, die Stärke der PCV und das Ansehen ihrer Führungsorgane zu vermindern, haben die Ergebnisse der Regionalwahlen im vergangenen November im Vergleich zu denen von 2004 gezeigt, daß die venezolanischen Kommunisten trotz der Abspaltungen ihre Positionen und ihren Einfluß halten konnten.

Uns Kommunisten ist in aller Bescheidenheit klar, daß die Orientierung der venezolanischen Revolution eng mit der Stärke und dem Masseneinfluß der Kommunistischen Partei verbunden ist.

Erschienen am 14. Februar 2009 in der Tageszeitung junge Welt