Ruhige Wahl in Venezuela

In Venezuela verlaufen die Präsidentschaftswahlen bislang ohne nennenswerte Zwischenfälle. Bis zum Mittag (Ortszeit) zeichnete sich eine im Verhältnis zu früheren Abstimmungen dieser Art geringere Wahlbeteiligung ab, doch auch in traditionell eher der Opposition zugeneigten Gegenden wie Baruta und Chacao im Bundesstaat Miranda gingen viele Menschen zur Wahl und ignorierten damit die Boykottaufrufe der rechten Opposition. Lediglich in El Hatillo, einem noblen Vorort der Hauptstadt Caracas, blieben die Wahllokale weitgehend verwaist. Hier hatten bis um 12 Uhr Ortszeit erst weniger als fünf Prozent der Berechtigten ihre Stimme abgegeben. Zu Zwischenfällen oder Störungen kam es den Berichten zufolge bislang nicht.

Präsident Nicolás Maduro, der sich um die Bestätigung im Amt bemüht, hatte seine Stimme bereits wenige Minuten nach 6 Uhr morgens in Catia (Caracas) abgegeben. Bei einer anschließenden Pressekonferenz kündigte er die Bildung einer »Regierung der nationalen Einheit« an, ohne diesen Begriff zu konkretisieren. Es müsse darum gehen, die Wirtschaft in Venezuela zu verändern, die »neoliberal« zerrüttet sei, erklärte der seit fünf Jahren regierende Staatschef. Zu der von den USA, der EU und mehreren lateinamerikanischen Staaten angekündigten Nichtanerkennung des Wahlergebnisses wollte sich Maduro nicht äußern. Man solle den Ereignissen nicht vorgreifen, erklärte er auf Nachfragen von Journalisten.

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro bei einem Wahlkampfauftritt

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro bei einem Wahlkampfauftritt

Am Vorabend hatten sich im Gespräch mit den internationalen Wahlbegleitern sowohl die Vertreter des Oppositionskandidaten Henri Falcón als auch die des evangelikalen Pastoren Javier Bertucci und natürlich die von Präsident Maduro siegessicher gezeigt. Der Sprecher Falcóns berief sich auf eine letzte Umfrage, nach der sein Kandidat mit 45 Prozent sechs Punkte vor Maduro liege. Überprüfen ließen sich diese Zahlen nicht. In der Woche vor der Wahl ist die Veröffentlichung von Umfragen in Venezuela untersagt, die letzten Prognosen der vergangenen Woche hatten zumeist Maduro in Front gesehen.

Die Wahllokale sind regulär bis 18 Uhr Ortszeit (Mitternacht in Europa) geöffnet. Eine Verlängerung ist aber möglich, wenn noch Menschen in den Schlangen stehen, um auf die Stimmabgabe zu warten. Die Veröffentlichung von Nachwahlbefragungen ist untersagt, mit offiziellen Ergebnissen wird in der Nacht zum Montag gerechnet.

Erschienen am 20. Mai 2018 als Online-Spezial der Tageszeitung junge Welt