»Alle gesetzlichen Standards verletzt«

Die Argentinierin Graciela Ramírez ist Koordinatorin des Internationalen Komitees für die Befreiung der Fünf

Sie haben eine internationale Postkartenkampagne gestartet, mit der US-Präsident Barack Obama aufgefordert werden soll, die fünf Kubaner freizulassen, die seit Jahren in US-Gefängnissen inhaftiert sind, weil sie antikubanische Gruppen in Miami unterwandert haben. Glauben Sie wirklich, daß Obama diese vielen Karten liest?

Die Postkartenkampagne wurde von zehn Nobelpreisträgern initiiert, nachdem Obama der Friedensnobelpreis verliehen wurde. Sie wollen, daß sich Obama dieser Ehre würdig erweist, aber bislang hat er das leider nicht getan. So sind diese Friedens-, Literatur- und Physiknobelpreisträger eine Stimme der Menschheit, die Gerechtigkeit für fünf kubanische Männer fordert, die niemandem geschadet und kein Verbrechen begangen haben, sondern gegen den Terrorismus gekämpft haben.

Was ist die konkrete Forderung Ihrer Kampagne?

Die Forderung an Obama ist, daß er die Freilassung der fünf unterzeichnen soll. Obama hat dazu die verfassungsmäßige Befugnis, wenn er wollte, wären die fünf morgen frei.

In den USA gibt es viele politische Gefangene, zum Beispiel Mumia Abu-Jamal oder Leonard Peltier. Was macht den Fall der fünf Kubaner so besonders?

In ihrem Verfahren wurden alle gesetzlichen Standards verletzt. Das begann schon bei dem ersten Prozeß in Miami, in einer absolut feindlichen Umgebung, in der es niemals ein faires Verfahren geben konnte. Es wäre den Zeugen und den Geschworen nicht möglich gewesen, eine Haltung einzunehmen, die der antikubanischen Mafia nicht gepaßt hätte. Diese Mafia führt mit Unterstützung der jeweiligen US-Administration seit der Kubanischen Revolution von 1959 einen Krieg gegen die Insel, der seither 3478 Menschenleben gefordert hat. Trotzdem genießen diese blutbefleckten, verbrecherischen Organisationen in Miami volle Legalität, haben Bankkonten und können ungehindert agieren. Solche Angriffe auf die eigene Bevölkerung könnte kein Land der Erde zulassen. Deshalb mußte Kuba eine Gruppe von Leuten entsenden, die ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, um diese verbrecherischen Attentate, diese Terroranschläge gegen das kubanische Volk zu verhindern.

International wurde in den vergangenen Monaten darüber spekuliert, daß es einen Austausch der fünf gegen die angeblichen »politischen Gefangenen« in Kuba geben könnte. Könnte das ein Ausweg sein?

Diese 53 oder 54 Leute, für die vor allem in Europa so viel Werbung gemacht wird, sind nichts anderes als Söldner. Das sind keine politischen Gefangenen, sondern Agenten im Dienste einer ausländischen Macht, die das Land blockiert und wieder unter seine Herrschaft zwingen will. Wir Argentinier wissen aus eigener Erfahrung sehr gut, was Menschenrechte und was politische Gefangene sind – und diese Leute sind es nicht. Wir müssen Schluß machen mit dem unschuldigen Märchen von den Dissidenten und Söldnertum beim Namen nennen. Im Gegensatz dazu sind die fünf kubanischen Patrioten tatsächlich politische Gefangene. Die kubanische Regierung und Präsident Raúl Castro haben erklärt, daß, wenn die USA ihre Söldner haben wollen, sie diese gerne haben können, zusammen mit ihren Familien, aber sie sollen Kuba dafür die fünf wiedergeben. Bislang hat die US-Administration jedoch mit keiner Silbe auf ein solches Angebot reagiert. Die Tatsache, daß sie einen solchen Austausch nicht will, zeigt doch ihre fehlende Menschlichkeit. Aber auch die Söldner wollen einen solchen Austausch nicht, denn ihr Söldnertum ist für sie doch ein gutes Geschäft. In Miami, wohin sie nach einem Austausch sicherlich gehen würden, wären sie für zwei Monate prominent – und dann? Dann müßten sie anfangen, Brot oder Limonade zu verkaufen.

Erschienen am 30. März 2010 in der Tageszeitung junge Welt