Posen mit Paramilitärs

Venezuelas selbsternannter »Übergangspräsident« Juan Guaidó gerät weiter unter Druck. Nun sind Fotos öffentlich geworden, die ihn mit zwei Anführern der faschistischen Paramilitärs aus Kolumbien zeigen. Wilfredo Cañizares, Chef der kolumbianischen Menschenrechtsorganisation »Fundación Progresar«, verbreitete die Aufnahmen am Donnerstag (Ortszeit) über Twitter.

Die Fotos entstanden offenbar im vergangenen Februar, als Guaidó die Grenze nach Kolumbien überschritt – pünktlich zu der Provokation am 23. Februar, als Militante der venezolanischen Opposition versuchten, mit mehreren Lastwagen die Grenze nach Venezuela zu durchbrechen. Das konnte verhindert werden. Wenige Tage später berichtete das US-Internetportal Bloomberg, dass an diesem Tag auf kolumbianischem Staatsgebiet rund 200 schwerbewaffnete Soldaten bereitgestanden hätten, um nach Venezuela einzudringen. Der offene Angriff sei erst in letzter Minute durch die kolumbianische Regierung gestoppt worden, so Bloomberg.

Zwei Tage später, am 25. Februar, wurde in Bogotá ein Gipfeltreffen inszeniert, an dem Guaidó als »Übergangspräsident« Venezuelas teilnehmen durfte. Auf Fragen von Journalisten, wie es ihm gelungen sei, nach Kolumbien zu kommen, gab er keine konkreten Antworten. Doch schon damals gab es Berichte, dass Guaidó auf die Hilfe von Paramilitärs gesetzt habe – zumal das Gebiet, in dem der Grenzübertritt erfolgt sein soll, von den ultrarechten Todesschwadronen kontrolliert wird.

»Wir haben es vom ersten Tag an gesagt: Die Einreise des Herrn Juan Guaidó nach Kolumbien am 23. Februar wurde mit den Rastrojos koordiniert«, kommentierte Cañizares deshalb am Donnerstag die Aufnahmen, die den »Übergangspräsidenten« Arm in Arm mit Alberto Lobo Quintero alias »Brother« und John Jairo Durán alias »El Menor« zeigen. Die beiden Männer wurden im Juni von den kolumbianischen Sicherheitskräften inhaftiert. Medienberichten zufolge sollen sie sich selbst gestellt haben, weil sie aufgrund von Auseinandersetzungen mit anderen Drogenbanden um ihr Leben fürchteten. Die »Rastrojos« (Stoppeln) sind eine um das Jahr 2006 von der kolumbianischen Drogenmafia gegründete Bande, die als Todesschwadronen gegen andere Verbrecherbanden und linke Guerillaorganisationen kämpfen. Auch auf der venezolanischen Seite der Grenze ist die Bande unter anderem im Drogen- und Benzinschmuggel aktiv. Zudem gehen unzählige Entführungen und Morde auf ihr Konto.

Guaidós Grenzübertritt sei bei Guaramito erfolgt, berichtet Cañizares. Die Paramilitärs hätten ihn bis nach Agua Clara begleitet, wo er dann von Beamten der Stadtverwaltung aus Cúcuta sowie der Regionalregierung von Norte de Santander in Empfang genommen worden sei. »Uns liegen Berichte von Einwohnern vor, nach denen die Paramilitärs der Rastrojos sie gezwungen haben, sich für 24 Stunden in ihren Häusern einzuschließen, bis Herr Juan Guaidó Agua Clara erreicht hatte.«

Juan Guaidó selbst hat sich zu den Berichten bislang nicht geäußert. Wie das kolumbianische Wochenmagazin Semana berichtete, sollte er am Donnerstag gegenüber dem Rundfunksender La W Radio Stellung nehmen. Das Interview sei aber nicht zustandegekommen, weil es an dem Ort, an dem er sich aufhielt, gerade keinen Strom gegeben habe, so jedenfalls sein Sprecher Alberto Ravell. Er gehe davon aus, dass sein Chef nicht gewusst habe, mit wem er da posierte: »Präsident Guaidó verlangt keinen Ausweis von denen, die ein Foto mit ihm haben wollen.« Auf Twitter vermeldete Guaidó am Donnerstag lediglich, dass er in Caracas an der Messe zum 367. Jahrestag des Erscheinens der Schutzheiligen Venezuelas, »Unsere Liebe Frau von Coromoto«, teilgenommen habe.

Erschienen am 14. September 2019 in der Tageszeitung junge Welt