Obama filmt zurück

Während sich Tausende pakistanische Muslime am Freitag in den Moscheen zu ihren traditionellen Gebeten versammelten, strahlten sieben Fernsehstationen des Landes einen von der US-Botschaft in Islamabad in Auftrag gegebenen Werbespot aus, in dem sich Staatschef Barack Obama und seine Außenministerin Hillary Clinton von dem im Internet kursierenden Hetzstreifen »Die Unschuld der Muslime« distanzieren. »Die US-Regierung hat absolut nichts mit diesem Film zu tun«, unterstreicht die Politikerin. Eine spürbare Wirkung auf die Menschen hatte der Spot nicht: Wie in vielen anderen Ländern gingen auch in Pakistan nach den Freitagsgebeten Zehntausende auf die Straße, um gegen die Schmähung ihres Propheten zu protestieren. Medienberichten zufolge kamen bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten in Karatschi und Peschawar insgesamt drei Menschen ums Leben.

Mit Blick auf die Entscheidung des pakistanischen Ministerpräsidenten Raja Pervaiz Ashraf, den gestrigen Freitag »zu Ehren des Propheten« zum gesetzlichen Feiertag zu erklären, begrüßte die Kommunistische Partei Pakistans (CPP) diesen »Streikaufruf«. Sie wirft der Regierung in Islamabad und der pakistanischen Armee jedoch vor, die US-Drohnenangriffe hinzunehmen. Bei der letzten bekanntgewordenen Attacke der USA in Pakistan wurden dem britischen ­Bureau of Investigative Journalism (TBIJ) zufolge, das eine genau Statistik des CIA-Terrorkrieges führt, am 1. September in Nordwasiristan vier bis sechs Menschen getötet. »Es sind immer der amerikanische Imperialismus und seine Bürger oder die kapitalistischen Länder, die von Zeit zu Zeit bewußt mit den Gefühlen der Muslime spielen, « erklärte KP-Chef Dschamil Ahmed Malik. Auch wenn sich die US-Administration von dem Hetzfilm distanziert habe, stelle dieser doch »eine feige Aktion der Troika von Obama, Hillary und der CIA« dar. Malik forderte die Regierung auf, den US-Botschafter in Islamabad, Richard E. Hoagland, auszuweisen, bis die Macher des Hetzfilms bestraft worden seien.

Danach sieht es nicht aus. Statt dessen will die »American Freedom Defense Initiative«, die den Machern des Hetzfilms zumindest nahesteht und sich zu deren Sprachrohr gemacht hat, ab Montag in New York an den Zügen der U-Bahn Plakate mit der Aufschrift »Unterstütze in jedem Krieg zwischen dem zivilisierten Menschen und dem Wilden den zivilisierten Menschen: Unterstütze Israel, bekämpfe den Dschihad« angebracht werden. Eine Distanzierung davon durch Obama oder Clinton wurde bislang nicht bekannt.

In Deutschland hat sich unterdessen die religionskritische Giordano-Bruno-Stiftung gegen ein Verbot des Hetzfilms ausgesprochen. Der Film sei zwar von einer »geradezu unterirdischen Qualität«, sagte Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon. Allerdings sei dies kein Grund, seine Aufführung zu verbieten. »Schließlich kann es nicht von ästhetischen Kriterien und schon gar nicht vom Einverständnis religiöser Fanatiker abhängig gemacht werden, ob ein Film in Deutschland gezeigt werden darf oder nicht!« Er erinnert in diesem Zusammenhang auch an »Das Leben des Brian« von Monty Python. In der englischen Gemeinde Torbay wurde das aus religiösen Gründen ausgesprochene Verbot dieses 1979 entstandenen Streifens erst vor vier Jahren aufgehoben.

Erschienen am 22. September 2012 in der Tageszeitung junge Welt