Neue Chance für den Frieden

In Havanna haben sich die Unterhändler der kolumbianischen Regierung und der FARC-Guerilla auf ein neues Friedensabkommen geeinigt. Wie die Verhandlungsdelegationen am Samstag (Ortszeit) in einem gemeinsamen Kommuniqué mitteilten, wurden in dem neuen Vertrag einem Großteil der Bedenken Rechnung getragen, die von den Gegnern der im September unterschriebenen ersten Fassung geäußert worden waren. Der damals feierlich unterzeichnete Vertrag war am 2. Oktober in einer Volksabstimmung knapp abgelehnt worden.

Die nun von beiden Seiten akzeptierten Modifikationen tragen die Handschrift des von den Expräsidenten Álvaro Uribe und Andrés Pastrana geführten rechten Lagers. So wird in dem neuen Text ausdrücklich das Recht auf Privateigentum betont. Das könnte die Rückgabe von Ländereien an während des Krieges vertriebene Bauern gefährden, wenn deren Grundstücke vom Staat inzwischen verkauft wurden. Auch eine von der Guerilla immer angestrebte Bodenreform wird so nur schwer umzusetzen sein. Zudem wurden die Befugnisse der für den Friedensprozess einzurichtenden Sonderjustiz beschränkt. Gestrichen wurde die Beteiligung ausländischer Richter an den Verfahren, durch die Korruption und Manipulationen verhindert werden sollte. Zudem soll der Friedensvertrag nun doch nicht Teil der kolumbianischen Verfassung sein – damit können das Parlament oder der oberste Gerichtshof nachträglich Änderungen vornehmen.

Während der Chefunterhändler der kolumbianischen Regierung, Humberto de la Calle, den neuen Text »besser« als den im September vorgelegten nannte, räumte FARC-Comandante Iván Márquez ein, dass seine Delegation bis an die Grenzen »und darüber hinaus« dessen gegangen sei, was von einer nicht besiegten bewaffneten Organisation verlangt werden könne.

Unklar war zunächst, wie der aktuelle Vertrag nun formell verabschiedet werden soll. Staatschef Juan Manuel Santos hatte Anfang November während eines Besuchs in London drei Möglichkeiten genannt: ein erneutes Referendum, eine Abstimmung im Parlament oder die Annahme in Form von »offenen Ratssitzungen« auf Gemeindeebene.

Erschienen am 14. November 2016 in der Tageszeitung junge Welt