Mit dem Bus nach Miraflores

Zwei Frauen und sechs Männer bewerben sich am 14. April in Venezuela um die Nachfolge des am 5. März verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez. Das teilte der Nationale Wahlrat (CNE) am Montag abend nach Ende der Einschreibungsfrist mit. Neben dem amtierenden Staatschef Nicolás Maduro und Oppositionsführer Henrique Capriles Radonski kandidieren Eusebio Méndez, Reina Sequera, María Bolívar, Fredy Tabarquino, Gonzalo Contreras und Julio Mora für den Einzug in den Präsidentenpalast Miraflores. Reale Chancen werden jedoch nur den ersten beiden eingeräumt – bei der Wahl am 7. Oktober vergangenen Jahres, als Capriles Hugo Chávez unterlegen war, hatten die übrigen vier Kandidaten zusammen nur ein halbes Prozent der Stimmen gewinnen können. Reina Sequera und María Bolívar waren auch damals schon mit von der Partie.

 

Während die Kandidatur von Henrique Capriles lediglich von einem Vertreter des Oppositionsbündnisses »Tisch der demokratischen Einheit« angemeldet wurde, machte sich Maduro selbst auf den Weg zu der Wahlbehörde im Zentrum von Caracas. In Anspielung auf seinen früheren Beruf saß Maduro dabei am Lenkrad eines Autobusses. Nachdem er seine Kandidatur angemeldet und CNE-Präsidentin Tibisay Lucena sein Wahlprogramm – wortgleich den Vorschlägen von Hugo Chávez im Oktober – überreicht hatte, rief er seinen auf der Plaza Diego Ibarra versammelten Anhängern zu, er sei zwar nicht Chávez, fühle sich aber als »dessen Sohn« und sei bereit, die vom Comandante begonnene Bolivarische Revolution fortzusetzen: »Ich bin gekommen, um eine lebenslange Verpflichtung gegenüber unserem Volk einzugehen!«

In einem wenige Stunden später ausgestrahlten Interview mit dem lateinamerikanischen Fernsehsender TeleSur kündigte Maduro die Gründung einer internationalen Untersuchungskommission an, die klären soll, ob Hugo Chávez vergiftet wurde. Angesichts der vorliegenden Daten sei sich die Regierung »fast sicher«, daß der Präsident ermordet worden sei. »Er litt unter einem Krebs, der alle Regeln dieser Krankheit verletzte, und er ist zuvor immer wieder bedroht worden. Als sie ihn nicht durch ein Attentat beseitigen konnten, haben sie vielleicht mit moderner Technik seine Gesundheit angegriffen«, sagte Maduro.

Gerüchte, daß »die CIA« oder andere »dunkle Kräfte« hinter den Krebserkrankungen mehrerer Staatschefs der Region stecken könnten, kursieren in Lateinamerika schon seit mehreren Jahren. Auch Chávez selbst hatte, nachdem 2011 die Krankheit bei ihm diagnostiziert worden war, auf die verdächtige Häufung hingewiesen. Vor ihm waren bereits die argentinische Präsidentin Cristina Fernández, Paraguays Staatschef Fernando Lugo und der frühere brasilianische Regierungschef Luiz ­Inácio Lula da Silva an Krebs erkrankt. Auch beim kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos wurde im vergangenen Jahr Prostatakrebs diagnostiziert.

Erschienen am 13. März 2013 in der Tageszeitung junge Welt