Militärputsch in Honduras

In Honduras hat sich das Militär gegen die demokratisch gewählte Regierung erhoben. Wie der lateinamerikanische Nachrichtensender TeleSur berichtet, stürmten mehrere hundert vermummte Soldaten den Regierungspalast in Tegucigalpa und verschleppten den Staatschef an einen unbekannten Ort. Später hieß es, Manuel Zelaya sei nach Costa Rica gebracht worden. Auch der staatliche Fernsehsender wurde von Soldaten besetzt und abgeschaltet. Die privaten Fernsehsender, die der Opposition nahestehen, strahlten lediglich Zeichentrickfilme aus und berichteten nicht über die Ereignisse. Während alle anderen Regierungsmitglieder offenbar ebenfalls von den Putschisten inhaftiert wurden, konnte die honduranische Außenministerin Patricia Rodas Kontakt mit ausländischen Fernsehstationen aufnehmen. Sie teilte mit, daß ihr Haus von Soldaten und Scharfschützen belagert werde.

Der Sohn des Präsidenten, Néstor Zelaya, informierte, daß zwischen 5 und 6 Uhr morgens rund 200 Soldaten den Regierungspalast umstellten und den Staatschef in weißen Fahrzeugen an einen unbekannten Ort verschleppt haben. »Ich weiß nicht, ob es ihm gut geht oder nicht, ich habe keinen Kontakt mehr mit ihm gehabt. Sie haben mir nur gesagt, daß er weggebracht wurde und sich außerhalb des Landes befindet.« Andere Informationen sprachen davon, daß Zelaya im Luftwaffenstützpunkt der Hauptstadt festgehalten werde. Kampfflugzeuge kreisten über der Hauptstadt Tegucigalpa.

Informationen von TeleSur zufolge versammelten sich am Regierungspalast Menschen, die gegen den Staatsstreich protestierten und die Soldaten als »Verräter« beschimpften. Einer Meldung der venezolanischen Agentur ABN zufolge gelang es nur mit Steinen bewaffneten Demonstranten, rund 200 Soldaten in der Umgebung des Regierungssitzes zum Rückzug zu zwingen. Der Präsidentenpalast blieb jedoch in der Hand der Putschisten.

Zelayas Privatsekretär Enrique Reina rief zur internationalen Unterstützung für die Demokratie in Honduras auf. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Meldungen vom Staatsstreich in Honduras gaben Boliviens Präsident Evo Morales und sein venezolanischer Amtskollege Hugo Chávez Solidaritätserklärungen für Zelaya ab. Seine Regierung werde keinen anderen Präsidenten als Manuel Zelaya anerkennen, betonte Venezuelas Staatschef.

Der Putsch richtet sich offenbar gegen Bestrebungen des von den Gewerkschaften, Bauernverbänden und indigenen Organisationen unterstützten Präsidenten, durch eine Volksabstimmung den Weg zu einer verfassunggebenden Versammlung zu eröffnen, durch die eine partizipative Demokratie die wenig demokratischen Strukturen des gegenwärtigen honduranischen Regierungssystems ablösen sollte. Zelaya, der Mitglied der Liberalen Partei ist, hatte im Verlauf der vergangenen anderthalb Jahre einen deutlichen Linkskurs eingeschlagen und sein Land u.a. in die Bolivarische Allianz ALBA geführt.

Erschienen am 29. Juni 2009 in der Tageszeitung junge Welt