Legitimator des Tages: Frank-Walter Steinmeier

In Deutschland wird der Präsident durch die Bundesversammlung bestimmt. Deren Mitglieder werden nicht direkt gewählt. Ihr gehören die Abgeordneten des Bundestages an sowie ebenso viele Vertreter, die von den Landesparlamenten ausgesucht werden. Deshalb geben sich bei den Sitzungen der Bundesversammlung regelmäßig Schauspieler und ähnliche Promis die Ehre, als ginge es um die Vergabe der »Goldenen Kamera«.

Der aktuell Bundespräsident spielende Grüßaugust heißt Frank-Walter Steinmeier. Und der möchte sein hohes Amt endlich demokratisch legitimieren. Nur wenn ein neuer Präsident »auf einer glaubwürdigen, legitimen Grundlage« und damit durch eine ehrliche Wahl das Amt innehabe, werde es neue Hoffnung auf eine Zukunft geben, wurde das deutsche Staatsoberhaupt am Dienstag von der Deutschen Presseagentur zitiert. … Wie bitte? Was? Ist das wahr?

Entschuldigung, da ist etwas schiefgelaufen. Steinmeier meinte leider nicht sein eigenes Amt. Die ehrlichen Wahlen verordnete er Venezuela. Und das, obwohl dort der Präsident zuletzt im vergangenen Mai gewählt worden ist. Okay, die Beteiligung lag mit 47 Prozent der Wahlberechtigten nicht berauschend hoch, aber immer noch etwas besser als die 0,002 Prozent bei der Wahl des deutschen Bundespräsidenten am 12. Februar 2017.

Doch seien wir gerecht, Steinmeier ist auf dem Weg der Besserung. Im Februar 2014 – damals noch als Bundesaußenminister – wollte er auch dem damaligen ukrainischen Staatschef Wiktor Janukowitsch vorgezogene Präsidentschaftswahlen verdonnern. Aber dann setzte die Berliner Regisseure doch lieber direkt auf einen Putsch in Kiew. Unter den Folgen leidet das Land bis heute. Aber in Venezuela und anderswo hat man sich das damalige Drehbuch sehr genau angesehen. Dumm für Herrn Steinmeier.

Erschienen am 13. Februar 2019 in der Tageszeitung junge Welt