Kurswechsel in Quito

Ecuador hat am Donnerstag (Ortszeit) die diplomatischen Beziehungen zu Venezuela abgebrochen und Botschafterin Carol Delgado des Landes verwiesen. Zugleich wurde Ecuadors Geschäftsträgerin in Caracas, Elizabeth Méndez, »zu Konsultationen« nach Hause zurückgerufen. Sie verließ noch am Donnerstag Venezuela und kam damit der Antwort aus Caracas zuvor. Trotzdem wurde sie »nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit« von Venezuela ebenfalls zur »unerwünschten Person« erklärt.

Zur Begründung für den Bruch zwischen den beiden lange verbündeten Ländern hieß es in Quito, dass man die »Beleidigung« von Staatschef Lenín Moreno durch Venezuelas Informationsminister Jorge Rodríguez ahnden müsse. Dieser hatte Moreno am Mittwoch vorgeworfen, bei seiner Rede vor der UN-Vollversammlung am 25. September in New York gelogen zu haben. Der ecuadorianische Präsident hatte erklärt, sein Land nehme täglich mindestens 6.000 Venezolaner auf. Mehr als eine Million »Brüder« aus Venezuela seien von den ecuadorianischen Behörden versorgt worden.

Rodríguez wies das zurück. Wenn die angegebene Gesamtzahl stimmen würde, müssten sieben Jahre lang jeden Tag 140 Busse aus Venezuela in den Andenstaat gefahren sein, so der Minister. »Er ist ein Lügner, denn das haben sie ihm befohlen«, wetterte Rodríguez.

Es sei »intolerant und unverhältnismäßig«, eine solche Auseinandersetzung zum Anlass für den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu nehmen, kritisierte Venezuelas Außenminister Jorge Arreaza. Auch Ecuadors früherer Präsident Rafael Correa hält die Begründung der Regierung in Quito für vorgeschoben. Am Freitag schrieb er auf Twitter, Moreno habe mit US-Vizepräsident Michael Pence bei dessen Besuch in Ecuador unter anderem vereinbart, Venezuela zu isolieren. Diese Verpflichtung erfülle Moreno nun »voller Enthusiasmus«. Correa weiter: »Sicherlich werden sie ihn in der US-Botschaft zum Angestellten des Jahres wählen.«

Tatsächlich hat Moreno seit seinem Amtsantritt im Mai 2017 eine Abkehr von der Politik Correas vollzogen, dessen Vizepräsident er von 2007 bis 2013 gewesen war. So kündigte er im vergangenen August den Austritt Ecuadors aus der Bolivarischen Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA) an, die 2004 von Fidel Castro und Hugo Chávez als antiimperialistischer Gegenpol zur Dominanz Washingtons gegründet worden war.

Erschienen am 20. Oktober 2018 in der Tageszeitung junge Welt