Kriegsgefahr in Südamerika

Die von den USA dominierte »Organisation Amerikanischer Staaten« (OAS) hat am Mittwoch (Ortszeit) die Aktivierung des »Interamerikanischen Vertrags über gegenseitigen Beistand« (TIAR) beschlossen, um Kolumbien gegen eine angebliche Bedrohung durch Venezuela zu »verteidigen«. US-Außenminister Michael Pompeo begründete die Anrufung des Militärbündnisses, dem 17 Staaten des Kontinents angehören, mit den »jüngsten kriegslüsternen Aktionen der venezolanischen Armee«. Gemeint war damit offenkundig das laufende Manöver der Bolivarischen Streitkräfte im Westen des Landes. Zudem lasse Venezuela »ille­gale bewaffnete Gruppen und terroristische Organisationen« auf seinem Staatsgebiet gewähren, behauptete er. »Dies beweist, dass Nicolás Maduro nicht nur eine Gefahr für das venezolanische Volk darstellt, sondern dass sein Handeln auch den Frieden und die Sicherheit der Nachbarländer Venezuelas bedroht.« Analog zu entsprechenden Bestimmungen der NATO legt der TIAR fest, dass der Angriff auf einen Mitgliedsstaat als Angriff auf alle gewertet wird. Die angebliche Unterstützung kolumbianischer Guerillaorganisationen durch Caracas soll offenbar als eine solche Aggression interpretiert werden.

Obwohl Venezuela den TIAR bereits 2013 verlassen hat, wurde das Land in der offiziellen Mitteilung der OAS als Unterzeichnerstaat aufgeführt, der für die Aktivierung des Vertrags gestimmt habe. Begründet wird das damit, dass im Juli das von der Opposition dominierte Parlament in Caracas den erneuten Beitritt zum TIAR beschlossen hatte – die Resolution wurde aber vom Obersten Gerichtshof des südamerikanischen Landes annulliert.

In einer offiziellen Stellungnahme hat Venezuelas Regierung die OAS-Entscheidung noch am Mittwoch (Ortszeit) zurückgewiesen. Es sei »schmerzhaft, dass Länder, die von US-Truppen überfallen und deren Völker in Anwendung des TIAR massakriert wurden, heute ein ähnliches Verbrechen gegen ein Bruderland rechtfertigen«. Die Geschichte und die Völker Lateinamerikas würden »das Urteil über diese empörende Haltung sprechen«.

Erschienen am 13. September 2019 in der Tageszeitung junge Welt