Komplott gegen Arbeiter

Die Regierung Perus hat einen deutschen Gewerkschafter ausgewiesen und ihm die Wiedereinreise in das südamerikanische Land verboten, weil er einen Arbeitskampf unterstützt hat. Orhan Akman, der früher in München als Stadtrat und als Gewerkschaftssekretär tätig war, arbeitet seit einigen Jahren für die internationale Dienstleistungsgewerkschaft UNI, der auch die deutsche ver.di angehört. In dieser Funktion unterstützte er die Beschäftigten der internationalen Supermarktkette Cencosud in Peru beim Aufbau einer Betriebsgewerkschaft und im Kampf für sichere Beschäftigungsverhältnisse und höhere Löhne. Das reichte, um Akman zur unerwünschten Person zu erklären. Weil er sich im Juni und Oktober vergangenen Jahres an gewaltfreien Kundgebungen der Beschäftigten beteiligte, habe er »die öffentliche Ruhe und Ordnung sowie den sozialen Frieden gestört«, so das Innenministerium in Lima.

Adriana Rosenzvaig, die Regionalsekretärin der UNI für den amerikanischen Kontinent, wies die Vorwürfe zurück: »Die Arbeit von UNI Américas in Peru verletzt in keiner Weise den sozialen Frieden, sondern trägt im Gegenteil dazu bei, eine umfassendere Demokratie aufzubauen, in der die Arbeiterinnen und Arbeiter ihre vollen Rechte wahrnehmen können.« Die Ausweisung Akmans sei eine Verletzung der gewerkschaftlichen und Menschenrechte. Deshalb habe man sich an den peruanischen Präsidenten Ollanta Humala gewandt, um gegen das Vorgehen der Behörden zu protestieren. In dem Schreiben an den Staatschef, dessen Nachfolger am kommenden Sonntag gewählt wird, weist die UNI auch die Argumente der Migrationsbehörde zurück. Diese habe ihre Ausweisungsverfügung auf Berichte der Peruanischen Nationalpolizei PNP im Limaer Stadtteil San Antonio-Miraflores gestützt – dort wisse man auf Nachfrage jedoch nichts von Dokumenten oder Strafanzeigen gegen Akman.

Auch der frühere Präsident der peruanischen Anwaltsvereinigung, Raúl Chanamé Orbe, kritisierte das Vorgehen der Behörden. Die Ausweisung eines Ausländers aus Peru, dem ohne Beweis die Störung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen wird, weil er gewerkschaftliche Organisationen unterstützt hat, sei ein »willkürlicher und unvernünftiger« Vorgang.

Akman selbst geht davon aus, dass das Unternehmen Cencosud Druck auf die Behörden ausgeübt hat, um ihn loszuwerden. Gegenüber junge Welt sprach er von einem »Komplott«, mit dem die gewerkschaftliche Arbeit in Peru kriminalisiert werden soll. »Wir werden die Konzerne und korrupten Behörden, die Hand in Hand gegen demokratische Gewerkschaften arbeiten, in die Schranken weisen!«

Die Ausweisung Akmans erfolgte nur wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen in Peru. Der größte Gewerkschaftsbund des Landes, die CGTP, unterstützt die linke Kandidatin Verónika Mendoza, die in den Umfragen zuletzt stark aufgeholt hat und nun gleichauf mit dem unternehmerfreundlichen Kandidaten Pedro Pablo Kuczynski auf dem zweiten Platz liegt. Damit hat sie gute Chancen, gegen die bislang klar führende Rechtspopu­listin Keiko Fujimori in die Stichwahl einzuziehen. Die bürgerlichen Medien Perus haben sich in den vergangenen Tagen mit teils grotesken Vorwürfen auf Mendoza eingeschossen, der sie unter anderem eine Nähe zu terro­ristischen Gruppen unterstellen. In dieses Klima passt das Vorgehen gegen den linken Gewerkschafter, das auch als Warnung an die CGTP verstanden werden kann.

Erschienen am 4. April 2016 in der Tageszeitung junge Welt