Jammernde Generäle

Als sie putschten, hätten sie einen »expansionistischen Plan von Hugo Chávez« verhindert. So brüsteten sich die führenden Generäle der honduranischen Streitkräfte am Dienstag im Fernsehen des mittelamerikanischen Landes. Durch die »Absetzung« von Präsident Manuel Zelaya am 28. Juni sei das Vorhaben des venezolanischen Präsidenten vereitelt worden, Honduras und anderen Ländern »bis hin zu den USA« einen »als Demokratie verkleideten Sozialismus« aufzuzwingen.

Und nun würden die Streitkräfte beschuldigt, einen Staatsstreich begangen zu haben, jammerten General­stabschef Romeo Vásquez Velásquez, sein Stellvertreter Venancio Cervantes, Luftwaffenchef Luis Javier Prince und der Konteradmiral der Marine Juan Pablo Rodríguez im nationalen TV-Programm. »Leider ist es der internationalen Gemeinschaft nicht gelungen, die Situation zu verstehen«, präsentierten sich die Putschisten als verfolgte Unschuld.

Praktisch zeitgleich informierte der Eigentümer des Rundfunksenders Radio Globo, Alejandro Villatoro, über eine Mittelung der Rundfunkbehörde Conatel an ihn. Demnach werde der Sender im Kürze geschlossen. Radio Globo gehört zu den wenigen Radiostationen, die seit dem Putsch beständig über die Übergriffe und Morde durch Militär und Polizei berichten. Mehrfach wurde der Sender deshalb von Militärs besetzt und vorübergehend abgeschaltet. Nun scheinen die Putschisten dem störenden Kanal offenbar dauerhaft den Saft abdrehen zu wollen.

Conatel kündigte zudem an, die Frequenzen des staatlichen Senders TV Nacional de Honduras zu privatisieren und dem Unternehmer Elías Asfura zu übergeben. Dieser ist eines der führenden Mitglieder der Nationalen Partei (PNH), die den Staatsstreich eifrig unterstützt hat, und gehört deren Politischer Kommission an. Enge Kontakte werden ihm auch zu den Kreisen um den ehemaligen Diktator Oswaldo López Arellano nachgesagt. Dieser hatte sich 1963 in Honduras an die Macht geputscht. Der nun vom Regime kontrollierte Fernsehsender hatte vor dem Sturz des rechtmäßigen Präsidenten wahrheitsgemäß über die Vorhaben Zelayas informiert und unter anderem zu der durch die Putschisten verhinderten Volksbefragung aufgerufen. Bei der sollte darüber entschieden werden, ob bei den für Ende November geplanten Wahlen zur Präsidentschaft, zum Parlament und zu den Kommunen auch über die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung abgestimmt werden sollte.

Manuel Zelaya, der am Dienstag mit allen Ehren als Staatsgast vom mexikanischen Präsidenten Felipe Calderón empfangen worden war, hat die USA erneut aufgerufen, die Maßnahmen gegen die Putschisten zu verschärfen. Er erinnerte daran, daß die honduranische Wirtschaft zu 70 bis 80 Prozent von den USA abhängt. Ein »Faustdruck« Washingtons auf Handel, Militärhilfe und Reiseverkehr würde folglich reichen, damit »dieser Putsch nur noch fünf Minuten dauert«. Seine Rückkehr in das Präsidentenamt solle sich nicht mehr als zwei Wochen hinauszögern, forderte der demokratisch gewählte Staatschef. »Ich werde es weiter versuchen, und zwar ohne Ende, denn ich habe alle Zeit der Welt«, sagte Zelaya.

Informationen aus dem Umfeld Zelayas zufolge wird dieser am heutigen Donnerstag nach Brasilien reisen, um dort mit Präsident Luiz Inácio »Lula« da Silva zusammenzukommen. Die brasilianische Regierung hat bereits angekündigt, daß sie keine Regierung anerkennen werde, die aus Wahlen hervorgeht, die unter Kontrolle der Putschisten durchgeführt werden.

Erschienen am 6. August 2009 in der Tageszeitung junge Welt