Heimholer des Tages: Nicolás Maduro

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro sitzt zwischen Baum und Borke. Denn während in den internationalen Medien noch immer von einer »Massenflucht« aus dem südamerikanischen Land erzählt wird, wollen die ersten dieser Migranten schon wieder zurück nach Hause. 1.230 Personen seien allein in der vergangenen Woche aus dem Ausland zurück nach Venezuela gebracht worden, berichtete die staatliche Presseagentur AVN am Montag (Ortszeit). Und in Lima kam es bereits zu einer Kundgebung von Venezolanern vor der Botschaft ihres Landes. Sie forderten von der Regierung in Caracas, ein Flugzeug zu schicken, mit dem sie wieder in ihre Heimat reisen können. Sie hätten genug von der Ausländerfeindlichkeit und Ausbeutung in Peru.

Natürlich sind das Bilder, die Maduro gerade guttun. Sie untermauern den Eindruck, dass das Schlimmste in Venezuela vorbei sei. Entsprechend werden die Bilder von Bussen voller Rückkehrer in den staatlichen Medien rauf und runter gesendet. Das lenkt auch von den noch bestehenden Problemen ab – und davon, dass einigen hundert Rückkehrern insgesamt einige Hunderttausend Auswanderer gegenüberstehen.

Die Sache hat natürlich einen Haken. So kam es in den vergangenen Tagen zu Schwierigkeiten bei der Auszahlung der Renten an die Pensionäre, weil das Geld fehlte – statt der ihnen zustehenden 1.800 Bolívares bekamen sie bei ihren Banken oft nur einen Abschlag von 90 Bolívares ausgezahlt, gerade genug für ein paar Sardinen. In den Warteschlangen fragten viele nun, warum Maduro denen das Geld hinterherwirft, die einfach abgehauen sind, während es für die fehlt, die geblieben sind. Sauer aufgestoßen ist ihnen auch das Verhalten ihrer Landsleute im Ausland. Dort waren manche vor laufenden Fernsehkameras über ihre Heimat hergezogen und hatten auf die »Diktatur« geschimpft. Und jetzt soll sie dieser »Diktator« wieder nach Hause bringen?

Erschienen am 5. September 2018 in der Tageszeitung junge Welt